Wir schreiben Geschichte #9: Karin Weiher

Karin Weiher ist Dipl. Krankenschwester und war über 30 Jahren in ihrem Beruf tätig. Aktuell orientiert sie sich neu und absolviert eine Ausbildung zur Dipl. Lebens- und Sozialberaterin.

https://www.karin-weiher.at/

Durch das Interview führte Maria Anna Keller.

1. Wann hast du zum ersten Mal bemerkt, dass da etwas auf uns zukommt, das uns alle betrifft?

Das war eigentlich ziemlich gleich Anfang März, ich möchte sogar sagen ich kann es mit Datum benennen, das war der 10. März 2020, das war zwei, drei Tage vor dem Geburtstag von meiner Schwester und da hat man das in den Medien schon gehört, was da passiert ist. Und irgendwie habe ich mir gedacht, was geht da ab, ist das komisch und dann war da die Geschichte von diesem jungen Mann aus dem Bregenzerwald, der das Virus aus Wien mitgebracht hat und das da im Zug verstreut hat und diese Panik, die dann gleich ausgelöst worden ist, da hab ich mir gedacht, hoppla was geht da jetzt ab? Da kommt ein Mann hierher und das wird gleich so groß aufgebauscht, als hätte man nicht zig andere Viren schon gehabt, irgendwie hat mich das schon ganz eigenartig gestimmt.

2. Was war für dich in dieser Zeit am schlimmsten?

Am allerschlimmsten war diese allumfassende Panik, die so grassierend schnell fortgeschritten ist, ich würde mal sagen, ich hab mir gedacht, das gibt es jetzt doch nicht, wer hat jetzt da so Angst und warum wird da so Angst gemacht, das hat mich am allermeisten beschäftigt und mich gleich stutzig gemacht, irgendwie so, was geht da ab, war die Frage immer wieder, die habe ich mir auch in der Nacht immer wieder gestellt, was ist da los, was geht da ab.

3. Gibt es auch etwas, von dem du im Nachhinein sagen würdest, da ist etwas Gutes passiert, das ohne diese Krise nicht möglich gewesen wäre?

Ja, das ist ganz sicher so im Privaten wie auch im ganzen anderen sozialen Umfeld, man hat so gespürt auf wen man sich verlassen kann, wer für einen da ist, man hat so die wachen von den schlafenden Geistern unterscheiden können und ich denke, wenn das so vor sich hin gedümpelt wäre und der Weg so weitergegangen wäre, wie wir das bisher gewohnt waren, wäre das gar nicht an die Oberfläche gekommen also, dass man einfach ein bisschen so, wenn es jetzt ganz hart sagen möchte, Spreu vom Weizen trennen kann und sehen hat können, wer schaut hinter etwas. Das wäre sicher nicht passiert, wenn nicht dieses Ereignis aufgetreten wäre

4. Was war für dich besonders hilfreich, um gut durch die Krise zu kommen?

Mal ganz sicher meine Familie, d.h. meine engste Familie, mein Mann und meine zwei Söhne, die alle ganz unbewusst sofort dieselben Gedanken hatten. Und im erweiterten Kreis meine Schwester, die mir ganz, ganz wichtig ist, die euch hier allen bekannt ist, die Margit, die hat mich sehr viel weiter gebracht in den Gedanken, weil die gleich gemerkt hat, dass da was nicht stimmt und allgemein die Erziehung meiner Eltern einfach alles zu hinterfragen. Ich war immer schon ein hinterfragender Geist und habe nicht alles hingenommen, was man mir erzählt hat und habe so immer schon gewagt meine Meinung kund zu tun. Ja, das hat mir sehr geholfen, diese Stärke, die man mir mitgegeben hat, dass ich mich nicht von irgendwas überzeugen lasse, vor dem ich nicht selber überzeugt bin.

5. Stell dir vor, mitten in dieser schwierigen Zeit wäre eine gute Fee dagewesen, die dir einen Herzenswunsch erfüllt hätte, was hättest du dir gewünscht?

Dass ich aufwache und das alles nur geträumt habe.

6. Gab es etwas, das dich wütend gemacht hat?

Ja viel, da hat es ganz, ganz viel gegeben. Einfach in erster Linie die Politik und die Medien, für die ich nur noch abgrundtiefe Verachtung verspüre, weil die ihren Aufgaben nicht nachgekommen sind. Die haben sich, der Mainstream hat sich zusammengeschlossen, die Politik und Mainstream Medien sind eine Einheit geworden und die haben überhaupt nicht mehr berichtet, so wie es ein Journalist berichten muss. Die Politiker haben nur auf ihre eigenen Bedürfnisse geschaut und Menschen, die nur auf ihre eigenen Bedürfnisse schauen sind mir immer suspekt. Dann hat mich natürlich sehr viel wütend gemacht in meinem Beruf. Ich bin Krankenschwester und ich habe diese Zeit ganz schräg und ganz intensiv erlebt. Wir haben immer hunderte von Überstunden gehabt und plötzlich in diesem Lockdown, wo alles so schrecklich war, habe ich zum ersten Mal in meinem Leben meine Überstunden abbauen können, da hab ich mir gedacht, was geht jetzt da ab. Ich hab mir gedacht, es wird jetzt so schrecklich, wir werden so überfüllt sein und wir sind nur daheim gehockt und haben tagelang nicht zum Dienst kommen müssen! Das hat mich so wütend gemacht, dass man den Leuten erzählt hat, wie schrecklich es zugeht in den Krankenhäusern und wir haben überhaupt nichts zu tun. Es war einfach so, es hat mich unheimlich wütend gemacht. Dann die Menschheit im Allgemeinen, dass es nicht mehr möglich war, mit jemandem einen Dialog zu führe. Es war nur aggressive Diskussion, ich bin eigentlich ein Mensch, ich lass’ alle Meinungen gelten und ich hör’ mal auch die anderen Meinungen an und es war nur immer dieses Abwerten, der Widerstand gegen Menschen wie uns alle da, die einfach eine andere Meinung gehabt hatten. Und ich hab nie versucht irgendjemand vor seiner Meinung abzubringen. Jeder hat können tun, was er wollte und ganz besonders wütend hat es mich gemacht, wenn man mir sagen wollte, was ich zu denken habe. Ich bin ein Mensch und ich denke frei und ich habe meine Gedanken und die muss ich mir von niemandem absprechen oder seine Gedanken aufzwingen lassen. Das hat mich ganz fest wütend gemacht und ich habe mich sehr mit dieser Wut beschäftigt und habe auch ein Buch über Wut gelesen und es hat mir ganz klar aufgezeigt, dass Wut auch ganz etwas Wichtiges ist, weil Wut dir einfach aufzeigt, da stimmt was nicht und ja habe ich sehr lange überlegt und nachgedacht und bin zum Schluss kommen, das ist ganz wichtig ist, dass man wütend ist das beschützt dich vor ganz vielem.

7. Gab es etwas, von dem du sagen würdest, das war eine Schande oder dafür muss man sich schämen?

Ich bin wieder bei der Politik und bei den Medien: Das ist für mich die Schande schlechthin. Und überhaupt ja wie die Menschen miteinander umgegangen sind ist es für uns als Menschheitsfamilie wieder Daniele Ganser so schön sagt sehr beschämend wie wir miteinander umgegangen sind so respektlos und das hat mich ganz schrecklich gedünkt.

8. Viele Leute berichten, dass es für sie auch eine Zeit voller Angst gewesen ist. Wie war es bei dir und wie bist du damit umgegangen?

Ich würde sagen absolut furchtlos am Ende, ich kenne keine Angst und Angst vor Krankheiten schon zweimal nicht, da wäre ich in meinem Beruf fehl am Platz. Wenn ich denke, mit wie vielen Krankheiten ich schon Berührung gekommen bin. Gott sei Dank bin ich mit guter Gesundheit ausgestattet. Und Angst ist ein schlechter Begleiter. Also mir ist sie völlig fremd. Ich hab weder Angst vor schlimmen Ereignissen noch vor wilden Tieren noch vor sonst irgendetwas, ich bin ein furchtloser Mensch, ich nehme es so wie es ist. Ich denke immer, es ist eine Möglichkeit. Wenn ich mich vor etwas fürchte, ist es immer am besten, ich setze mich damit auseinander und das war auch hier so. Also gefürchtet habe ich mich sowieso nie, aber ich hab mich von vornherein mit dem Thema auseinandergesetzt, hab angefangen zu hinterfragen, und da bin ich auf so viel Hilfreiches draufgekommen, dass ich mir gedacht habe, ich weiß jetzt wirklich nicht, wovor ich da Angst haben soll. Und ich habe Corona gekriegt, ja es war nicht schlimmer als eine normale Grippe für mich und dann hab ich mir gedacht, ich hab doch gewusst, dass ich da keine Angst haben muss.

9. Gibt es Personen, mit denen du dich entzweit hast und wie bist du damit umgegangen?

Das gibt’s natürlich leider schon. Ein langjährig bestandener Freundeskreis, über 30 Jahre, wir haben keinen Kontakt mehr. Das war nicht nur Corona, aber es hat sehr beschleunigt, wir haben einfach keinen Zugang mehr gefunden zueinander und das sind auch die Menschen wo ich sagen musste, ja vielleicht habe ich mich da jahrelang blenden lassen, die sind in dieser Oberflächlichkeit geblieben und haben sich wirklich nicht aus Angst und das hat mich so entsetzt, sondern nur um des Konsums willen impfen lassen damit sie wieder Reisen, damit sie wieder ausgehen können. Und ich habe gemerkt, da ist überhaupt keine Basis mehr, ich kann mit den Leuten nichts mehr anfangen. Im familiären Bereich leider auch ein bisschen, und zwar mit geliebter Bruder, der sich mit der ganzen Familie impfen lassen hat, wir sind jetzt nicht im Streit miteinander, aber es hat schon ein Knacks gegeben in der Beziehung, weil er ganz einen anderen Weg beschritten hat, weil er uns – meine Schwester und mich – anfangs so belächelt hat, mein Gott was spinnt ihr hier gerade daher und ich merke einfach, dass es ein vorsichtiges Gespräch ist. Es ist einfach nicht mehr so wie vorher. Man umgeht gewisse Themen und man bleibt sehr an der Oberfläche und das schmerzt mich eigentlich am allermeisten

10. Gibt es Personen, die du während der Krise aufgrund ihres Verhaltens bewundert hast und die sich deine Achtung verdient haben?

Ja ganz viele natürlich. Die allseits bekannten Namen wie einen Professor Sönnichsen, Bhakdi, Schubert alle diese bekannten Persönlichkeiten, die wirklich an der Öffentlichkeit gekämpft haben, die aufgeklärt haben, die vieles erlitten haben, die ihre Berufe, ihre Berufungen, ihre Professionen verloren haben und neben diesen ganzen großen in den Medien bekannten Menschen auch alle Menschen in meinem Umfeld wie ihr, die ihr da alle sitzt, wie Alexandra, wie ein Reinhard, wie ein Erwin, die im direkten Vorarlberger Widerstand Gegenwehr geleistet haben und die auch unheimlich viel Zeit geopfert haben. Und nicht nur das, die auch teilweise um ihr Ansehen haben kämpfen müssen, weil man sie natürlich angefeindet hat für die Sachen, die sie machen und für ihren Widerstand. Und die bewundere ganz, ganz fest einfach jeden einzelnen, der es gewagt hat seine Meinung kund zu tun, weil es war ja schon mutig, wenn du gesagt hast, nein ich lass’ mich nicht impfen oder ich seh das anders und alle jene Menschen, die ihren Mund aufgemacht haben und es trotzdem gesagt haben, obwohl sie viel Gegenwehr gekriegt haben, die haben meine größte Hochachtung und Bewunderung.

11. Inwiefern hat dich diese Krise geprägt? Gab es Talente und Fähigkeiten, die du hervorholen oder entwickeln musstest?

Ja, die hat mich schon geprägt. Erstens hat sie mich meinen Job verlieren lassen, weil ich eben meinen Mund aufgetan habe und das war im Nachhinein sowieso die beste Erfahrung, weil sich tatsächlich neue Talente gezeigt haben, und zwar dass ich das, was mir in meinem Beruf so wichtig und wertvoll war, nämlich die Kommunikation mit dem Patienten und es zu sehen, dass wir nicht nur aus Körper bestehen, sondern aus Geist und Seele, das durfte ich jetzt als meine neue Aufgabe sehen, denn es war nur noch sehr wenig Zeit mich ganzheitlich um Patienten zu kümmern. Das war nur noch eine Zack sauber Pflege aufgrund des Personalmangels, den wir schon seit Jahren haben und der durch die Krise natürlich bestärkt worden ist. Und jetzt durfte ich in eine neue Ausbildung eintauchen und darf mich jetzt mehr um den Geist und die Seele von Patienten oder Klienten kümmern und die Tatsache freut mich sehr und ich merke, dass ich da mindestens genauso daheim bin, wie in der Pflege. Es ist immer schon so mein Wunsch gewesen mich mehr um Geist und Seele zu kümmern und das darf ich jetzt machen.

Also, du machst schon neue Ausbildung?

Genau, die Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin und in ca. 15 Monaten bin ich fertig und dann kann ich mich ganzheitlich um den Menschen kümmern und ich kann das dann auch super mit meinem Beruf vereinen – hab schon gemerkt, dass es da ganz tolle Wege gibt und viel Bedarf besteht gerade auch im Bereich meiner ehemaligen Arbeitskollegen, die einfach alle ausgebrannt und ausgepowert sind, die kann man auf diese Weise dann ganz, ganz gut unterstützen Ich hab schon in Team Coachings in sozialen Einrichtungen üben können und ja, das ist genau mein Ding.

12. Stell dir vor, eines Tages hättest du die Gelegenheit einer Schulklasse, die zu dieser Zeit noch nicht auf der Welt war von deinen Erlebnissen zu erzählen: Gibt es so etwas wie eine Lehre oder einen Tipp, den du den Kindern mitgeben könntest?

Ganz einfach: glaubt nicht alles, was man euch sagt und hinterfragt und seid stark und lasst euch nicht verbiegen. Und allen dazugehörigen Eltern sage ich: stärkt eure Kinder in die Richtung, macht ihnen wirklich den Rücken stark, dass sie das sagen, was sie denken und nicht alles mitmachen, was man ihnen vorkaut. Das hab ich mit meinen Söhnen auch so gemacht und die haben standgehalten. In schwierigsten Zeiten in der Schule haben Sie müssen Gegenwehr leisten, am Arbeitsplatz und die haben das aber beinhart durchgezogen.

13. Wenn du einen Blick in die Zukunft tun könntest, was denkst du aus heutiger Sicht, wie könnte unsere Welt in einigen Jahren aussehen?

Ja weil ich natürlich trotz allem ein positiver Mensch bin, erhoffe ich mir, dass es so in die Richtung geht back to the roots, dass die Leute sich einfach bewusst werden, was ist wichtigste im Leben, was brauche ich überhaupt, dass dieser unwahrscheinliche Konsumwahn wieder zurückgeht, dass man sich besinnt auf das, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich lese auch gerne Bücher, etwas altes bewährtes, so in die Richtung, dass man wieder einfach einen Schritt zurückgeht, dieser Wahnsinnsfortschritt macht mich wahnsinnig, ich habe das noch nie gern gehabt, ich bin auch nicht der Mensch der gern Medien konsumiert, diese Handyzeit hat mich schon überfordert und ich hoffe, dass es wieder so wird, dass wir zurückgehen, mindestens einen Schritt. Ich glaube, es würde allen Menschen viel besserer gehen, die Kommunikation wieder im zwischenmenschlichen zu vertiefen als übers Handy miteinander zu kommunizieren. Ja, das wäre wunderbar.