Zeitzeugen einer Pandemie

Ein Mensch vertrauend auf sein klares
Gedächtnis, sagt getrost „So war es!“
Er ist ja selbst dabei gewesen –
Doch bald schon muss ers anders lesen.
Es wandeln sich, ihm untern Händen,
Wahrheiten langsam zu Legenden.
Des eignen Glaubens nicht mehr froh
Fragt er sich zweifelnd: „War es so?“
Bis schließlich überzeugt er spricht:
„Ich war dabei – so war es nicht!“

Legenden (Eugen Roth)

Die letzten drei Jahre waren für uns alle herausfordernd. An manchen Schwierigkeiten sind wir gescheitert, an anderen gewachsen. So unterschiedlich wir alle diese Zeit erlebt haben, erst das Reflektieren der Vergangenheit erlaubt uns einen freien Blick in die Zukunft, auf das, was wir uns alle wünschen: ein gutes Leben für alle – nicht auf Kosten anderer.

Der Hintergrund

Zeitzeugeninterviews vermitteln ein spontanes, lebendiges Bild der Vergangenheit und geben einen persönlichen Eindruck von erlebter und erlittener Geschichte.

Allerdings gilt es kritisch mit dieser Quellengattung umgehen: Erinnerungen eines Zeitzeugen sind immer subjektiv. Sie können unvollständig und unausgewogen sein – sie haben also keinen umfassenden Wahrheitsanspruch.

Nicht alles, was erzählt wird, ist richtig oder reflektiert. Manchmal wirken Berichte moralisierend oder belehrend. Besonders traumatisch erlebte Aspekte können „vergessen“, oder auch beschönigt oder gar ganz verschwiegen werden.

Zeitzeugen sehen den historischen Sachverhalt aus ihrem eigenen Blickwinkel. Aus der Biografieforschung weiß man, dass der Erzähler unbewusst versucht, diese in einen logischen Zusammenhang zu bringen.

Deshalb ist es wichtig, mehrere Zeitzeugen zu einem Themenkomplex zu interviewen. So lassen sich aus mehreren Perspektiven fehlende Informationen ergänzen und Differenzen und Widersprüche aufdecken. Damit gibt die subjektive Sicht des Erzählenden auch Einblick in sein Denken und Handeln. Er ist aber auch Stellvertreter einer Generation und es gab sicherlich noch mehr Menschen, die ebenso gedacht haben. Auf diese Weise lässt sich die lebenspraktische Bedeutung der erinnerten Erfahrungen einordnen.

Die Fragen

Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass da etwas auf uns zukommt, das uns alle betrifft?

Was war für Sie in dieser Zeit am schlimmsten?

Gibt es auch etwas, von dem Sie im Nachhinein sagen würden, da ist etwas Gutes passiert, das ohne diese Krise nicht möglich gewesen wäre?

Was war für Sie besonders hilfreich, um gut durch die Krise zu kommen?

Stellen Sie sich vor, mitten in dieser schwierigen Zeit wäre eine gute Fee dagewesen, die Ihnen einen Herzenswunsch erfüllt hätte. Was hätten Sie sich gewünscht?

Gab es etwas, das Sie wütend gemacht hat?

Gab es etwas, von dem Sie sagen würden, das war eine Schande oder dafür muss man sich schämen?

Viele Leute berichten, dass es für sie auch eine Zeit voller Angst gewesen ist. Wie war das bei Ihnen? Und wie sind sie damit umgegangen?

Gibt es Personen, mit denen Sie sich entzweit haben? Wie sind Sie damit umgegangen?

Gibt es Personen, die Sie während der Krise aufgrund ihres Verhaltens bewundert haben oder die sich Ihre Achtung verdient haben?

Inwiefern hat Sie diese Krise geprägt? Gab es Talente oder Fähigkeiten, die Sie hervorholen oder entwickeln mussten?

Stellen Sie sich vor, eines Tages hätten Sie die Gelegenheit, einer Schulklasse, die zu dieser Zeit noch nicht auf der Welt war, von Ihren Erlebnissen zu erzählen. Gibt es so etwas wie eine Lehre oder einen Tipp, den Sie den Kindern mitgeben könnten?

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft tun könnten, was denken Sie aus heutiger Sicht, wie könnte unsere Welt in einigen Jahren aussehen?


Schreiben Sie Geschichte!

Sie möchten selbst in respektvoller Runde Ihre Sichtweise der Geschichte weitergeben?

Sie gerne erfahren, wie andere diese Zeit erlebt haben und daraus lernen?

Die Interviews