Achtsamkeit beim Essen – genussvolle Entschleunigung

Achtsamkeit ist eine uralte östliche Methode, die auf der Meditationspraxis der buddhistischen Mönche beruht, dem „die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind“. Das Ziel der Achtsamkeit ist, sich nur im Augenblick zu befinden und Gedanken, die sich aufdrängen, vorüberziehen zu lassen. Wenn dieses ständige innere Geplapper verstummt, entspannt sich Geist und Körper. Stress und Verspannungen lösen sich. Übt man regelmäßig, führt das zu einer nachhaltigen Verbesserung des Wohlbefindens.

Um den Augenblick wahrzunehmen, lenkt man seine Aufmerksamkeit bewusst auf alle Sinneswahrnehmungen. Wie ein unbeteiligter, aber interessierter Zeuge beobachtet man bewertungsfrei. Im Sinne von Sokrates Aufforderung „Erkenne dich selbst“ ist die Fähigkeit zur Achtsamkeit unerlässlich dafür, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Achtsames Essen

Um mehr Ruhe und Besinnung ins Leben zu bringen, braucht man nicht täglich stundenlange Meditationseinheiten einzuplanen. Nutzen Sie stattdessen die Zeit des Essens, um Achtsamkeit zu praktizieren. Sind Sie bereit 15 Minuten nur für sich zu verwenden und dabei nichts anderes zu tun als zu essen? Gut! Wenn Sie einmal die wohltuende, entschleunigende Kraft der Achtsamkeit für sich entdeckt haben, wird sich der Wunsch nach mehr auf Ihr ganzes Leben ausbreiten. Sie werden es nicht mehr vermissen wollen, achtsam den Körper zu pflegen, achtsam Ihre Arbeit zu verrichten, die Katze zu streicheln, Ihrem Partner zuzuhören, zu kochen, spazieren zu gehen, …

Mit allen Sinnen

Aristoteles ging von 5 Sinnen aus, mit denen wir sehen, hören, fühlen, schmecken und riechen können. Rudolf Steiner postulierte sogar 12 davon. Egal für welche Variante Sie sich entscheiden, benutzen Sie Ihre Sinne nicht nur beim täglichen Essen, sondern schon beim Einkaufen und beim bewussten Zubereiten der Speisen. Die Möglichkeiten, Achtsamkeit schon vor Essen einzusetzen sind unerschöpflich: ein aufmerksam gedeckter Tisch, das Genießen des Duftes der frischen Kräuter aus dem Garten oder der Balkonkiste, das Arrangieren eines Wildkräuterstraußes, das ins rechte Licht setzen mit einer Bienenwachskerze, das Schärfen eines Messers, das Flanieren über den Gemüsemarkt. Die Sorgfalt, die beim Zubereiten der Speisen verwendet wird, nährt fürsorglich den Körper und Seele.

Achtsamkeit beim Essen

Die Kraft der Stille beim Essen

Diese Übung kann man sowohl alleine als auch beim Dinner for 2, im Kreis der Familie oder mit Freunden machen. Sorgen Sie dafür, dass möglichst alle Geräuschquellen ausgeschalten sind (Telefon, Straßenlärm, Türklingel, …). Nehmen Sie Platz an der Tafel und wählen Sie ein Signal wie z.B. das Anschlagen einer Klangschale (oder eines Weinglases), dass von nun an nicht mehr gesprochen wird. Wer möchte, kann auch gelegentlich die Augen schließen, um Geschmack und Geruch noch besser wahrnehmen zu können. Während des Schweigens richten alle Anwesenden ihre Aufmerksamkeit auf die Speisen und konzentrieren sich auf das achtsame Essen. Wenn alle das Besteck zur Seite gelegt haben, ertönt ein zweites Mal das Signal, als Zeichen dafür, dass man sich jetzt über das Erfahrene austauschen kann.

Rezepte für Brainfood aus aller Welt finden Sie hier.

Kimchi – Brainfood aus Korea

Kimchi ist das Nationalgericht Koreas. Für Koreaner gibt es eigentlich kein Frühstück, Mittag- oder Abendessen, ohne das unvergleichliche scharf-säuerliche Gemüse. Für die Herstellung von Kimchi kann man alle Arten von Gemüse verwenden, am häufigsten und wohlschmeckendsten sind Chinakohl, Rettich, Frühlingszwiebeln und Gurken. Die Gemüse werden zusammen mit Gewürzen milchsauer fermentiert, was sie geschmacklich verändert und vor allem haltbar macht. Den typischen Geschmack bekommt Kimchi durch eine ordentliche Portion Knoblauch, Zwiebeln, Ingwer und Chili.

Früher lagerte man Kimchi in Fässern, die ins Erdreich eingegraben wurden, heute hat fast jeder koreanische Haushalt seinen eigenen temperierten Kimchi-Kühlschrank.

Kimchi hat wenig Kalorien, enthält viele Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Aufgrund der vielfältigen Nährstoffe, die durch die Zutaten und die Fermentierung enthalten sind, ist es eine ideale Nahrungsquelle für (Not-)Zeiten, in denen kein frisches Obst und Gemüse erhältlich ist. Kimchi ist reich an Vitamin A (aus den Blattgemüsen), Vitamin C (vor allem aus Chili, aber auch aus grünen Zwiebeln und Senfblättern) und anderen Vitaminen, Eisen (aus Blattgemüsen und Meeresfrüchten), Mineralien (reichlich vorhanden in Senfblättern und Ingwer) sowie Alliin aus dem Knoblauch. Die während der Fermentation entstehende Milch- und Essigsäure wirkt keimtötend. Dabei steigt auch der Gehalt an Vitaminen: innerhalb von drei Wochen verdoppeln sich die Anteile der Vitamine B1, B2 und B12. Die enthaltenen Ballaststoffe fördern die Verdauung, durch den Knoblauch und die Chilis wird das Cholesterin gesenkt. Durch die Fermentation bilden sich Milchsäurebakterien, die als höchst erwünschte Bewohner der Darmflora geschätzt werden. Ein rundum gesundes Gemüse!

Grundrezept für Buchu-Kimchi (부추김치)

  • 3 EL Salz
  • 1 Liter Wasser
  • 1 Chinakohl (ca. 800 g)
  • 1 kleiner weißer Rettich (300–400 g)
  • 3 Frühlingszwiebeln oder eine Stange Lauch
  • 3 Knoblauchzehen
  • 3 EL gehackter Ingwer
  • 2-3 Chilischoten
  • 3 EL Sojasauce

So wirds gemacht

Lösen Sie die Blätter des Chinakohls einzeln ab und schneiden Sie den Strunk weg.

Mischen Sie aus einem Liter Wasser und dem Salz eine Lake.

Sie können den Chinakohl entweder grob schneiden oder die Blätter ganz lassen (um später die Gemüsefülle darin einzurollen). Rettich klein schneiden und mit dem Kohl für einige Stunden stehen lassen.

Bereiten Sie inzwischen die Gewürzpaste zu: Ingwer, Knoblauch, Zwiebeln und Chilischoten (eventuell ohne Kerne, falls Sie es nicht so scharf mögen) fein hacken. Wenn es besonders fein werden soll, verarbeiten Sie die Gewürze im Mörser zusammen mit der Sojasauce zu einer feinen Paste. Alternativ können Sie auch Fischsauce (traditionell) verwenden oder einen Schluck Sauerkrautsaft. Das garantiert, dass sich gleich von Anfang an die richtigen Bakterien an die Arbeit machen.

Sieben Sie nun das Gemüse ab und fangen Sie die Lake auf. Vermischen Sie das Gemüse mit den Gewürzen und geben Sie es in ein großes Einmachglas. Wenn Sie die Chinakohlblätter ganz gelassen haben, können Sie die Gemüsefülle darin einrollen. Drücken Sie das Gemüse gut an, sodass möglichst wenig Luft dazwischen ist. Giessen Sie Lake zu, bis alles mit Flüssigkeit bedeckt ist. Drücken Sie das Gemüse mit einem Löffel oder mit sehr sauberen Händen wieder nach unten.

Decken Sie jetzt das Glas mit einem losen Glasdeckel (Gummi und Klammern sind nicht nötig) oder einer Untertasse ab und stellen Sie es an einen warmen Ort, wie z.B. die Küche. Nach wenigen Stunden beginnt die Fermentation und kleine Blasen beginnen aufzusteigen. Probieren Sie jeden Tag ein wenig und drücken Sie das Gemüse wieder nach unten. Nach einer Woche sollten Sie bereits ein sehr gehaltvolles Kimchi haben, dass Sie nun kühl stellen können, um die weitere Fermentation zu bremsen. Dieses Sommer Kimchi wird traditionell einmal pro Woche gemeinsam zubereitet.

Wenn Sie auf den Geschmack gekommen sind, können Sie das (Winter-) Kimchi auch über längere Zeit bei kühleren Temperaturen langsam fermentieren. Bei mir ist das im Herbst die Gartenhütte, aber auch ein kühler Keller oder ein im Garten eingegrabener Eimer eignen sich bestens.

Kimchi isst man nicht pur. Es peppt simplen Reis auf, passt aber auch zu kurzgebratenem Gemüse, koreanischem Feuerfleisch oder ins Rührei.

Kimchi

Wenn man Kimchi zum ersten Mal probiert, ist es für den Gaumen meist ein überraschendes Erlebnis. Aber die Geschmacksexplosion hat Suchtfaktor. Spielen Sie mit den Zutaten. Aus Rettich, Radieschen, Topinambur, Karotten, Sellerie, Lauch, etwas frischem Meerrettich, Pastinaken und/oder roten Rüben lässt sich ein unvergleichliches Wurzel Kimchi herstellen. Auch eine Variante aus Obst ist eine köstliche (sehr saure) Variation. Unverzichtbar sind jedoch immer Knoblauch, Zwiebeln, Ingwer und Chili, die dem milchsauren Gemüsen den typischen Pep geben.

Weitere Brainfood Rezepte aus aller Welt finden Sie hier.

Weihnachten: Psychologie des Brauchtums

An Weihnachten wird die Geburt des Christkinds (als Symbol für das wiederkehrende Licht) gefeiert. Der genaue Ursprung als Festtag ist nicht eindeutig festgelegt. Frühe Christen feierten die Geburt Jesu wahrscheinlich nicht mit einem eigenen Fest, sondern konzentrierten sich auf die Feier von Ereignissen wie der Taufe Jesu und dem Passahfest. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über ein Weihnachtsfest datieren aus dem vierten Jahrhundert, als das Christentum zur Staatsreligion im Römischen Reich wurde.

Ein wichtiger Einfluss auf die Einführung des Weihnachtsfestes war die Verbindung von christlichen Traditionen mit bereits existierenden heidnischen Feiern im römischen Reich, wie der römischen Sonnenwende und dem germanischen Yulfest. Die Wahl des 25. Dezember als Datum für Weihnachten kann auf den Wunsch zurückgeführt werden, das christliche Fest in die bestehenden Feierlichkeiten einzufügen und die Umstellung auf den christlichen Glauben zu erleichtern.

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich viele Bräuche und Traditionen im Zusammenhang mit Weihnachten entwickelt, sowohl religiöse als auch weltliche. Dazu gehören das Schmücken von Weihnachtsbäumen, die Bescherung, das Singen von Weihnachtsliedern und das Feiern im Kreise der Familie. Weihnachten hat sich damit zu einem der weitverbreitetsten Feste der Welt entwickelt und wird in vielen verschiedenen Kulturen gefeiert, sowohl von Christen als auch von Menschen anderer Glaubensrichtungen.

Weihnachten - Kranz binden

Weihnachten in anderen Kulturen

Weihnachten wird weltweit gefeiert, aber die Bräuche und Rituale variieren. Während man sich in Deutschland Christkindlmärkte, Glühwein und Lebkuchen kaum wegdenken kann, wird im australischen Sommer gerne gegrillt, der Weihnachtmann kommt per Surfbrett und ein Känguru trägt die Geschenke im Beutel. In Spanien beginnt die Weihnachtszeit mit der „Fiesta de la Inmaculada“ am 8. Dezember. Eine einzigartige Tradition in Spanien ist die „El Gordo“ genannte Weihnachtslotterie, bei der riesige Geldpreise verlost werden. In Ghana wird mit Gospelsongs und traditionellen Tänzen gefeiert. Dazu gibt es die beliebte Weihnachtsspeise „Fufu and Light Soup.“

Es gibt aber auch drastische Beispiele wie Somalia oder die Brunei, wo die Regierung 2015 Weihnachten aufgrund religiöser Bedenken landesweit verbot.

Trotz der Vielfalt der Bräuche und teils scharfer Kritik steht Weihnachten in den meisten Teilen der Welt für (Nächsten-) Liebe und das Zusammensein mit Familie und Freunden. Die psychologischen Aspekte hinter den Weihnachtsbräuchen sind oft weniger bekannt, obwohl sie eine wichtige Rolle spielen. Auf diese werde ich im Folgenden näher eingehen.

Der Christbaum

Der Brauch des Weihnachtsbaumes hat in Deutschland eine lange Tradition, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Weihnachtsbäume, oft auch Christbäume genannt, werden in der Regel am 24. Dezember gemeinsam mit der Familie geschmückt. Dieser Brauch ist jedoch nicht weltweit verbreitet. In Spanien werden eher Krippen aufgestellt, und in Australien werden Palmen geschmückt.

Die Ursprünge des Weihnachtsbaum-Schmückens sind nicht eindeutig, aber das Schmücken von Bäumen ist in vielen Kulturen zu finden. Bereits bei den Römern wurden Lorbeer- und Tannenzweige angebracht, um sich beim Jahreswechsel vor bösen Geistern und Krankheiten zu schützen. Der Weihnachtsbaum ist speziell, da es sich um einen immergrünen Tannenbaum handelt, der Lebenskraft und Ausdauer symbolisiert.

Der Weihnachtsbaum ist heute in Deutschland das gängigste Symbol für Weihnachten und erzeugt bei vielen Menschen ein wohliges Gefühl. Dieser Effekt kann durch klassische Lerntheorien der Psychologie wie die klassische Konditionierung erklärt werden. Die wiederholte Verbindung von Weihnachten mit dem geschmückten Christbaum führt dazu, dass allein der Anblick oder Gedanke an einen Weihnachtsbaum positive Gefühle, Wärme und Nähe zur Familie auslösen kann. Diese Assoziation zeigt die Langfristigkeit von Erfahrungen, die im Laufe des Lebens gesammelt werden, und die Erinnerungen an Weihnachten sind oft mit starken positiven (oder negativen) Emotionen aus der Kindheit und gemeinsamer Familienzeit verbunden.

Dekoration: Es glitzert und funkelt

In der Weihnachtszeit wird geschmückt, von Kaufhäusern über Wohnungen bis hin zu öffentlichen Plätzen und Straßen, die festlich dekoriert werden. Die wichtigste Dekoration ist der Christbaum, der mit Kerzen, Lichterketten und verschiedenen Ornamenten wie Kugeln, Sternen, Engelsfiguren, Weihnachtsmännern und Lametta behängt wird. Früher wurden Süßigkeiten, Nüsse und Äpfel verwendet, heutzutage ist gläserner Weihnachtsschmuck beliebter.

Ursprünglich wurde der Christbaumschmuck von Familien selbst hergestellt, doch die industrielle Produktion hat diesen Brauch allmählich verdrängt. Heute verwenden Menschen eine Vielzahl von Dekorationen, einschließlich ungewöhnlicher Figuren wie Panzern oder Handys. Der Vergleich zwischen der traditionellen handgefertigten Dekoration aus natürlichen Materialien und der heutigen industriell hergestellten Massenware zeigt die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes deutlich.

In Vorbereitung auf Weihnachten stehen der Kauf und Besitz im Mittelpunkt, insbesondere in den USA. Massenweise Weihnachtsdekoration wird eingekauft, und Häuser werden aufwendig geschmückt und beleuchtet. Es entsteht ein richtiger Wettbewerb um die schönsten Dekorationen und Weihnachtsbäume.

Laut der Theorie des sozialen Vergleichs messen sich Menschen fortwährend mit dem Blick auf andere, insbesondere die, die ihnen ähnlich sind, wie Nachbarn oder Menschen mit demselben sozialem Status. Jede Familie tendiert dazu zu denken, dass sie am meisten Arbeit in ihre Dekoration investiert hat. Der eigene Weihnachtsschmuck wird als schöner und wertvoller betrachtet, und man würde ihn nicht leichtfertig mit dem eines Nachbarn tauschen, selbst wenn sie identisch wären. In der Psychologie kennen wir das als Besitztumseffekt.

Wenn jemand anderes vermeintlich den schöneren Weihnachtsbaum hat, neigen wir dazu, dies auf externe Einflüsse zurückzuführen, um unseren Selbstwert zu schützen. Auch ein abwärtsgerichteter Vergleich mit denjenigen, die sich keine Dekoration oder einen Weihnachtsbaum leisten können, trägt zur Steigerung des Selbstwerts bei, da man sich bewusst macht, wie gut es einem selbst geht. Dieser Vergleich kann jedoch auch unangenehme Gefühle wie Mitleid oder Schuld hervorrufen.

Neben dem kommerziellen Aspekt und der Zurschaustellung von Besitz sind einige Weihnachtsdekorationen mit symbolischen Bedeutungen verbunden, die psychologische Bedürfnisse ansprechen. Dazu gehören insbesondere Sterne und Kerzen.

In der Weihnachtszeit spielt das Symbol des Lichts eine zentrale Rolle, sowohl aus religiöser als auch aus kultureller Sicht. Im christlichen Glauben ist Jesus als das „Licht der Welt“ bekannt und steht für Hoffnung, Erlösung und Besinnung. Dieses Lichtsymbol spiegelt sich in zahlreichen Weihnachtstraditionen und Ritualen wider.

Der Ursprung des Lichtsymbols geht auf heidnische Bräuche zurück, bei denen Kerzen verwendet wurden, um Licht in die Dunkelheit der Zeit um die Wintersonnenwende zu bringen.

Licht ist in fast allen Weihnachtsfeierlichkeiten weltweit zu finden und wird oft mit einem Gefühl von Wärme und Vorfreude in Verbindung gebracht. Adventskerzen symbolisieren die Wartezeit bis zum Heiligen Abend, wobei das Wort „Advent“ auf das lateinische Wort „adventus“ zurückgeht, was „Ankunft“ bedeutet. Der Stern von Bethlehem leuchtete den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zu Jesus und spendet Hoffnung und Licht. So findet sich traditionell auch der Stern an der Spitze des Weihnachtsbaumes. Ob die Kerzen aus Wachs oder elektrisch sind, spielt keine Rolle, da Tradition und Innovation im Rahmen des Weihnachtsfestes vereinbar sind.

Geschenke

Die Bescherung ist ein fester ritueller Bestandteil des Weihnachtsfestes weltweit, unabhängig vom Ort und Datum des Weihnachtsfestes. Geschenke werden in den Wochen und Tagen vor Weihnachten besorgt, mehr oder weniger liebevoll eingepackt und dann während einer mittäglichen oder abendlichen Bescherung verteilt.

Die Tradition des gegenseitigen Beschenkens zu christlichen Feiertagen geht nicht auf die biblische Geschichte der Gaben der Heiligen Drei Könige zur Geburt Jesu Christi zurück, sondern war bereits in den Jahrhunderten vor seiner Geburt weit verbreitet. Im alten Rom wurden zu Beginn eines neuen Jahres Beamte von der Bevölkerung beschenkt, und in vorchristlichen Bräuchen der Wintersonnenwende wurden Gaben dargebracht, um Dämonen fernzuhalten oder göttliche Gunst zu erlangen.

Geschenke zur Belohnung oder Bestrafung

Die Tradition des Beschenkens an Weihnachten beeinflusst familiäre und partnerschaftliche Beziehungen und kann als ein Mechanismus der Belohnung und Bestrafung betrachtet werden. Dieses Phänomen ist eng mit der operanten Konditionierung in der Psychologie verknüpft. Dabei kann ein Verhalten durch positive Verstärkung, wie die Gabe von Geschenken, verstärkt werden. Umgekehrt kann das Zurückhalten oder Entziehen von Geschenken als negative Verstärkung oder Bestrafung wirken.

Die gegenseitige Bescherung zu Weihnachten kann somit als ein Beispiel dafür dienen, wie Rituale und Bräuche in der Weihnachtszeit die zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflussen. Oftmals werden Fragen wie „Bist du denn auch brav gewesen?“ gestellt, um das Verhalten und die Erwartungen in Beziehungen während der Weihnachtszeit zu reflektieren.

Reziprozität und Fairness

Die psychologischen Konzepte von Fairness und Reziprozität spielen ebenfalls eine wichtige Rolle im Kontext von Weihnachtsgeschenken. Fairness kann sich auf verschiedene Arten beziehen, darunter die distributive und die interaktionale Fairness. Die distributive Fairness beinhaltet eine faire Verteilung von Ressourcen, um etwaigen Neid oder Rivalitäten zu vermeiden. Die interaktionale Fairness bezieht sich auf einen respektvollen Umgang beim Schenken.

Das Prinzip der Reziprozität, auch als Gesetz der Gegenseitigkeit bekannt, besagt, dass Menschen dazu neigen, anderen Gutes zu tun, in der Hoffnung, dass ihnen dasselbe Verhalten zuteil wird.

Um Enttäuschungen in Bezug auf Weihnachtsgeschenke zu vermeiden, sollte der Aspekt der Wertschätzung in den Vordergrund rücken. Die Mühe und Überlegungen, die in ein Geschenk gesteckt werden, sind oft wichtiger als sein materieller Wert.

Weihnachten als Familienfest

Weihnachten hat sich im Laufe der Jahrhunderte von einem religiösen Fest hauptsächlich zu einem Familienfest entwickelt. Es sind viele Bräuche und Rituale entstanden, die speziell auf die Familie ausgerichtet sind. Neben der Bescherung gehören dazu das gemeinsame Singen, der Besuch der Christmette und in manchen Familien auch der Besuch des Friedhofs, um den Verstorbenen zu gedenken.

Weihnachten ist auch eine Zeit für gemeinsame Mahlzeiten. Früher gab es festgelegte Essensregeln, heutzutage gibt es eine größere Vielfalt an Weihnachtsessen. Ein traditionelles Weihnachtsmahl, vor allem für die „besser Betuchten,“ ist der Gänsebraten.

Essen und Diäten

In der Weihnachtszeit dreht sich vieles um Essen und Süßigkeiten, was für einige eine Herausforderung für die Selbstkontrolle darstellt. Wenn man gegen die eigenen Diätvorsätze verstößt, kann dies zu kognitiver Dissonanz führen, begleitet von Schuldgefühlen. Man kann versuchen, sich selbst zu überreden, dass die Weihnachtsleckereien nicht so viele Kalorien haben oder sich klarmachen, dass sie gesunde Bestandteile enthalten. Aber letztendlich ist es am besten, übermäßigen Versuchungen zu widerstehen. In dieser Hinsicht kann die Anwesenheit der Familie helfen, da soziale Unterstützung dabei hilft, unangenehme Situationen, wie das Einhalten einer Diät, besser zu bewältigen (oder eben auch boykottieren).

Weihnachten und Zugehörigkeitsgefühle

Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, also der Wunsch nach häufigen und positiven sozialen Interaktionen, spielt eine zentrale Rolle in Bezug auf Weihnachten und die Einladungen zu den Feierlichkeiten. Weihnachten hat eine starke emotionale Komponente und hohe Erwartungen, was oft zu Konflikten in Familien führt. Es ist bezeichnend, dass viele Scheidungsanträge unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen eingereicht werden.

Menschen, die Weihnachten alleine verbringen, können unter einem Mangel an Zugehörigkeitsgefühl leiden, was Einsamkeit, Sinnlosigkeit und sogar Depressionen zur Folge haben kann. Hierzulande feiern viele Singles Weihnachten ohne Partner, und es gibt spezielle Veranstaltungen und Angebote für Menschen, die die Feiertage nicht im Kreise ihrer Familie verbringen. Kriseninterventionsdienste und psychologische Hotlines haben Hochkonjunktur um diese Zeit.

Auch die Werbeindustrie nutzt gezielt das Bedürfnis nach Zugehörigkeit in der Weihnachtszeit und vermarktet Produkte und Dienstleistungen, die die Sehnsucht nach Familie und Gemeinschaft ansprechen.

Der Wandel der Zeit und die Zukunft

Weihnachten hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert, aber die grundlegenden Werte und Gefühle, die es mit sich bringt, sind stabil geblieben. Es ist ein Fest der Nächstenliebe und Hoffnung, das über kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede hinweg besteht.

Kultur spielt eine entscheidende Rolle bei der Prägung des Weihnachtsfestes, indem sie Werte, Symbole und Geschichten vermittelt. Dieses kulturelle Wissen wird von Generation zu Generation weitergegeben und bewahrt die grundlegenden Werte von Weihnachten.

In einer globalisierten und sich schnell verändernden Welt kann man sich fragen, wie Weihnachten in der Zukunft aussehen wird. Es gibt bereits innovative Ansätze, wie digitale Technologien in die Feierlichkeiten einbezogen werden können. Dennoch wird angenommen, dass die grundlegenden Werte des Weihnachtsfestes, wie Nächstenliebe und Harmonie, auch in Zukunft erhalten bleiben werden, unabhängig von den sich ändernden Ritualen und Bräuchen.

Tannengrün - Weihnachten

Psychologische Tipps um die Weihnachtszeit zu einem schönen Erlebnis zu machen:

Um die Feiertage positiv zu erleben, sollten Sie auf eine ausgewogene Balance zwischen Stress und Entspannung achten, echte Begegnungen pflegen, Wertschätzung zeigen und sich auf das Wesentliche konzentrieren – das Miteinander. Weihnachten wird auch in Zukunft ein Fest der Nächstenliebe und des Friedens bleiben.

Ganz im Sinne der Imagination, lade ich Sie dazu ein, sich folgende Möglichkeiten vorzustellen um Optionen zu öffnen, die Intuition zu schulen und einen vielleicht neuen individuellen Weg der Vorfreude und des Feierns zu gehen:

Was wäre, wenn es beim Schenken nicht um den materiellen Wert geht, sondern um die liebevollen Gedanken und die Mühe, die in das Geschenk gesteckt werden? Selbstgemachte Geschenke werden oft ganz besonders geschätzt. Kekse (am besten aus regionalen Zutaten) oder handgefertigte Grusskarten mit Texten aus der eigenen Feder kommen immer gut an. Wählen sie handwerkliche Fähigkeiten, die Ihnen Freude bereiten oder entdecken Sie neue, die Sie gerne ausprobieren möchten. Achten Sie dabei auch auf Aspekte wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit und verwenden Sie Recyclingmaterial. Stöbern Sie durch ein Brockenhaus der Lebenshilfe mit seinem stimmungsvollen Second Hand Ambiente und den vielen kleinen Schätzen, die bereits Geschichten erzählen können. Und bringen Sie gleich Dinge dorthin, die für Sie keine Bedeutung mehr haben, um Ballast abzuwerfen, anderen eine Freude zu machen und ein Projekt der Inklusion und Begegnung mit seelenpflegebedürftigen Menschen zu fördern.

Was wäre, wenn sich niemand in dieser dunklen Zeit (ungewünscht) einsam fühlen müsste?

Was wäre, wenn wir zur Feier des Tages Bäume pflanzen statt abschneiden? Zum Beispiel Nuss- und Kastanienbäume oder Obstbäume, nicht nur im eigenen Garten, sondern auch im öffentlichen Raum. Der Gegenwert eines Weihnachtsbaums könnte mehrere Familien in den ärmsten Gegenden dieser Welt mit Setzlingen für Obst- und Nutzholz versorgen.

Was wäre, wenn die Adventszeit wie in der Natur eine Zeit der Erholung und Regeneration wäre, anstatt geprägt von Hektik und Stress? Wenn wir statt „mehr und schneller“ „weniger und langsamer“ zelebrieren würden?

Was wäre, wenn wir uns auf das Wunder der kleinen Dinge im Leben besinnen? An die magische Stimmung beim Lauschen von Geschichten. An den Duft der ersten reifen Orange des Jahres. An das glitzernde Rieseln des Schnees im Winterwald. An das bunte Treiben der gefiederten Gäste am Futterhaus. An eine wärmende Tasse Tee bei Kerzenlicht. An die zärtliche Berührung eines geliebten Menschen.

Was wäre, wenn wir gemeinsam erträumen, wie wir im nächsten Jahr Frieden stiften können?

Was wäre, wenn Weihnachten ein Fest der Versöhnung statt der Konflikte würde? Wenn wir diese Zeit dazu nutzen, Fremdes kennen und schätzen zu lernen anstatt auszugrenzen und Hass zu schüren?

Was wäre, wenn wir nicht auf die Regierungen warten, um ein gutes Leben für alle zu schaffen, denn dann ist es zu spät? Was wenn wir nicht nur als einzelne handeln, denn dann ist es vielleicht zu wenig? Was wenn wir als Gemeinschaft handeln und es damit vielleicht reicht und gerade noch rechtzeitig geschieht? Was würden wir uns dann wünschen und umsetzen?

Wenn einer alleine träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele zusammen träumen, ist es der Beginn einer neuen Wirklichkeit.

Hélder Câmara

Sie möchten erleben, wie es ist gemeinsam zu träumen? Dann nehmen Sie an einem unserer regelmäßig stattfindenden „Dialoge mit Respekt“ teil.

Sie haben bereits Ideen, wissen aber nicht so recht, wie Sie ihnen Leben einhauchen können? Schreiben Sie mir: office@praxis-am-see. Verwandeln wir gemeinsam Luftschlösser in solide Bauwerke.

Literatur:

Frey, D.: Psychologie der Rituale und Bräuche. Springer Verlag, München 2018.

Dialog mit Respekt: Frieden

Dialog mit Respekt: Frieden

In einer Welt, die von Herausforderungen und Unruhen geprägt ist, ist der Wunsch nach Frieden universell. Frieden zu stiften erfordert jedoch nicht nur gute Absichten, sondern auch aktive Beteiligung und konkrete Schritte. Deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam darüber nachdenken, wie wir Frieden in unseren Gemeinschaften und darüber hinaus fördern können.

„Jeder Atemzug den wir nehmen, jeder Schritt, den wir gehen, kann mit Frieden, Freude und Gelassenheit gefüllt sein.“ (Thich Nhat Hanh)

Wir laden Sie herzlich zu einem besonderen Dialog ein, bei dem wir uns überlegen wollen, wie jeder von uns einen Beitrag dazu leisten kann, eine friedlichere Welt zu schaffen. Dieses Treffen soll ein Ort des Austauschs, der Inspiration und gemeinsamen Reflexion sein.

„Frieden kann nicht durch Gewalt erhalten werden. Er kann nur durch Verständnis erreicht werden.“ (Albert Einstein)

Gemeinsam Frieden zu schaffen, bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Konflikten, sondern auch die aktive Förderung von Verständnis, Respekt und Zusammenarbeit. Wir möchten Ideen sammeln, Best Practices teilen und konkrete Schritte skizzieren, die wir als Individuen und als Gemeinschaft unternehmen können.

„Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.“ (Mahatma Gandhi)

Bitte nehmen Sie sich die Zeit, an diesem inspirierenden Treffen teilzunehmen und lassen Sie uns gemeinsam Wege erkunden, wie wir Frieden in unserem Leben und in der Welt um uns herum fördern können. Ihre Perspektiven sind von unschätzbarem Wert, und zusammen können wir einen bedeutenden Unterschied machen.

"Frieden ist nicht nur ein Zustand, sondern eine Reise von Tausenden Meilen, die mit einem Schritt beginnt."  (Lao Tzu)

Fragen für den Dialog:

  • Was bedeutet Frieden für mich persönlich?
  • Welche Initiativen, Aktionen, Projekte gibt es regional/überregional?
  • Auf welche Weise trage ich zum Frieden bei?
  • Welche Ideen, Impulse, Anregungen nehme ich mit? Wo würde ich mich gerne mehr engagieren?

Wir freuen uns darauf, Sie am 9.12.23 von 9.30 bis 12.00 im Pfarrheim Lochau begrüßen zu dürfen. Gemeinsam können wir die Welt zu einem friedlicheren Ort machen.

Anmeldung: office@praxis-am-see.at

Ausgewählte Literatur:

Rosenberg, M. B. (2003). Frieden kann man lernen. Junfermann. (Ein Buch, das sich mit gewaltfreier Kommunikation beschäftigt und Wege aufzeigt, wie Konflikte auf eine konstruktive Art und Weise gelöst werden können.)

Rosenberg, M. B. (2015). Die Macht der Gewaltfreien Kommunikation. Junfermann. (Hier vertieft Rosenberg seine Ideen zur gewaltfreien Kommunikation und wie sie dazu beitragen kann, Verständnis und Empathie zu fördern.)

Fischer, D. (2001). Friedensarbeit: Grundlagen, Konzepte, Praxisfelder. Wochenschau Verlag. (Ein umfassendes Werk, das verschiedene Aspekte der Friedensarbeit beleuchtet, von Konfliktlösung bis zu globalen Friedensbemühungen.)

Galtung, J. (2000). Der dritte Weg: Mythos oder Wirklichkeit. Brandes & Apsel. (Galtung ist ein Pionier in der Friedens- und Konfliktforschung. In diesem Buch erforscht er alternative Wege zur Konfliktlösung und Friedensförderung.)

Sen, A. (2013). Eine Art zu leben: Über die Vielfalt menschlicher Würde. Suhrkamp. (Sen diskutiert, wie die Förderung von Freiheit und Gerechtigkeit grundlegend für die Schaffung von Frieden ist.)

Diamond, L., & McDonald, J. W. (1996). Der Friede beginnt in einem selbst. Drachen Verlag. (Die Autoren bieten praktische Einblicke und Werkzeuge zur Förderung des Friedens, beginnend auf individueller Ebene.)

Thich Nhat Hanh. (1999). Kleine Wunder vollbringen: Wie Frieden tatsächlich möglich ist. O. W. Barth. (Ein Buch des buddhistischen Mönchs und Friedensaktivisten, das sich mit der inneren Dimension des Friedens und der Verbindung von Spiritualität und sozialem Wandel befasst.)

Gellhorn, M. (2001). Das Gesicht des Krieges. Rowohlt Taschenbuch Verlag. (Eine Sammlung von Berichten über Krieg und Konflikte, die den menschlichen Aspekt hervorhebt und zur Reflexion über die Schrecken des Krieges anregt.)

Kahane, A. (2010). Die Macht des Aufeinander-Zugehens: Dialog in schwierigen Situationen. Campus Verlag. (Ein Buch, das sich auf die Bedeutung des Dialogs in Konflikten konzentriert und wie konstruktive Gespräche zu nachhaltigen Lösungen führen können.)

Prinz Ghazi bin Muhammad. (2008). Der Friedensstifter. Herder. (Ein Werk, das sich mit den Prinzipien und Praktiken der islamischen Friedensethik auseinandersetzt und aufzeigt, wie sie auf globaler Ebene angewandt werden können.)

Handarbeit – Tradition, Inspiration oder Revolution?

Spinnen, Weben und Sticken gehörten bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu den häuslichen Aufgaben und waren keine ausschließlich weiblichen Tätigkeiten bis zum Verfall des Kunsthandwerks durch die Industrialisierung und Massenproduktion. Im 19. Jahrhundert erfuhr die Handarbeit einen Aufschwung. Das Bild einer handarbeitenden Frau wurde zur Metapher für all die Tugenden einer idealen Ehe- und Hausfrau wie stetiger Fleiß und Fügsamkeit. Handarbeit galt lange Zeit als konservativ und keineswegs als Aktivismus.

Das hat sich bis heute wieder gewandelt. Unter dem Begriff DIY (Do-it-yourself) wird traditionelle Handarbeit zum Trend. Selbermachen steht für soziale Verantwortlichkeit und ökologische Nachhaltigkeit, gepaart mit Kreativität und Individualität. Unternehmen wie Etsy oder Pinterest basieren auf dieser Marketingstrategie. Im Sinne von „früher war alles besser“ trägt DIY durchaus immer noch konservative Züge. Etwa, wenn ausgediente Kleidung kunstvoll geflickt und so durch Upcycling rohstoffsparend zu peppiger Mode wird.

Warum macht man heute wieder Dinge selber und welche Bedeutung schreibt man diesem Tun zu? Wie es scheint, sind vor allem kommunikative und soziale Funktionen im Vordergrund: sich mit Gleichgesinnten zu treffen und Wissen und Erfahrungen austauschen. Aber auch therapeutische Effekte, wie Selbstfürsorge, sind zu finden. Kreatives Selbermachen dient als Gegenpol zu inhaltlich und zeitlich fremdbestimmter Erwerbsarbeit.

Parallel zur DIY-Welle werden Handarbeiten auch von Aktivisten genutzt, zum Beispiel in Form von Guerilla Knitting oder Yarn Bombing. Parkbänke, Bäume, Skulpturen werden eingestrickt und dienen als schrilles und doch friedliches Zeichen von Unmut gegen Politik und Kapitalismus. Und doch – vielleicht sind gerade die, die traditionelle Handarbeit betreiben, die Revolutionäre, einfach durch ihr Tun an sich.

Ihr unzeitgemäßes, unwirtschaftliches, trotziges Dennoch-Produzieren hat durchaus etwas Subversives, es unterläuft, wenigstens ein Stück weit, die dominierenden kapitalistischen Strukturen und – indem es ohne Öffentlichkeit auskommt – auch jene der Aufmerksamkeitsgesellschaft.

Nikola Langreiter

Haben Sie sich jemals gefragt, wie ein einfacher Stoffflicken in der Lage ist, mehr als nur Löcher zu reparieren?

Flicken ist unumgänglich, wenn man gerne Kleidung trägt, die fast so alt ist, wie man selbst. In Japan sieht man das jedoch nicht als notwendiges Übel, sondern als Kunstform.

Vielleicht haben Sie schon einmal von Kintsugi (金継ぎ) gehört, einer traditionellen japanischen Kunst, bei der zerbrochene Keramik mit Lack gemischt mit pulverisiertem Gold, Silber oder Platin repariert wird. Der Begriff „Kintsugi“ kann als „goldene Verbindung“ oder „goldene Reparatur“ übersetzt werden. Diese Technik verbirgt nicht die Risse und Unvollkommenheiten des Porzellans, sondern betont und feiert sie und verwandelt das zerbrochene Stück in ein einzigartiges Kunstwerk.

Kintsugi ist nicht nur eine Kunstform, sondern trägt auch eine symbolische Botschaft, die Fehler und den Lauf der Zeit zu akzeptieren. Es hat nicht nur in Japan, sondern auch weltweit an Popularität gewonnen und dient als Metapher für Widerstandsfähigkeit und die Entdeckung von Schönheit in Unvollkommenheiten, sowohl in Objekten als auch im Leben selbst.

Boro ist das textile Äquivalent von Kintsugi. Hier, im Gegensatz zum unsichtbaren Ausbessern, wird kunstvolles Flicken zum Hingucker. Indem man sich die Zeit nimmt, etwas Einzigartiges zu schaffen, verbindet man sich mit einem Kleidungsstück und seinen Fehlern und verleiht mit zauberhaften Nähten dem fertigen Stück noch mehr Charme.

Beim Slow Stiching geht es nicht nur darum, Kleidung oder Textilien zu erhalten, und so einen Gegenpol zur Fast Fashion zu bieten, sondern auch, eine Verbindung zu Gedanken und Emotionen herzustellen. Durch das bewusste Setzen von Stichen, die Wahl von Mustern und Farben und das Spielen mit verschiedenen Materialien kann man einen Raum der Selbstreflexion und Entspannung entdecken. Nadel und den Faden werden zu Werkzeugen der Selbstfindung und Entspannung, der kreativen Erfüllung, der Entschleunigung und inneren Ruhe.

Das Nähen ist eine Möglichkeit, unsere Existenz auf Stoff zu markieren: unseren Platz in der Welt zu gestalten, unsere Identität auszudrücken, etwas von uns selbst mit anderen zu teilen und den unvergänglichen Beweis unserer Anwesenheit in Stichen zu hinterlassen, die fest von unserer Berührung gehalten werden.

Clare Hunter, Gründerin von Sewing Matters

Damit liegen auch die gesundheitlichen Vorteile auf der Hand: Stressbewältigung, das Verarbeiten von traumatischen Erfahrungen durch Konzentration und aufbauende Gedankenmuster, Selbstreflexion und Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, das Pflegen von Gemeinschaft und Beziehungen, verbale und nonverbale Kommunikation (die Sticken insbesondere für interkulturelle Gruppen wertvoll macht).

Für mich verkörpert Stickerei das Sprichwort "Die Tage sind lang und die Jahre sind kurz". Es ist ein physischer Prozess, der die Kräfte der Natur und die Spuren, die Menschen auf dieser Welt hinterlassen, nachahmt, in dem Sinne, dass es eine Weile dauern wird, um Ergebnisse zu sehen. In einer Zeit, in der wir als Gesellschaft an sofortige Befriedigung gewöhnt sind, finde ich Freude darin, wie Nadel und Faden die Oberfläche des Stoffs langsam durchbrechen und verändern, allmählich eine neue Erzählung aufbauen oder als Erinnerung an eine alte dienen.

Hannah Claire Sommerville

Slow Stitching ist für jedermann geeignet, der die heilende, entspannende und wohltuende Wirkung von kreativer Selbstentfaltung erfahren möchte. Aber Sticken kann noch viel weiter gehen:

Hier beim Craftivist Collective konzentrieren wir uns auf Kampagnen und Aktivismus, bei denen wir die Ursachen von Armut und Leid infrage stellen und herausfordern und langfristige Lösungen für diese Probleme suchen. Die Lösungen könnten eine Gesetzesänderung, eine Verhaltensänderung oder eine Änderung der Einstellung sein. Unsere Helden sind Aktivisten wie Ghandi, Martin Luther King und die Suffragetten, die alle unsere Welt langfristig brillant verändert haben. Beim Craftivist Collective geht es also nicht um Fundraising, Spenden oder einfach nur Sensibilisierung. Wir verwenden Handwerk (meist Handstickereien und Papierhandwerk) als mächtiges Werkzeug, um langsamen, ruhigen, nachdenklichen und mitfühlenden Aktivismus als Katalysator für langfristige positive Veränderungen in unserer Welt und in uns selbst zu schaffen. Wir glauben, dass Handwerk, wenn es klug gemacht wird, ein mächtiges Instrument der Änderung sein kann, um die Werkzeugkiste des Aktivismus zu erhöhen.

Sarah Corbett, Gründerin von Craftist Collective

Was mache ich nun damit?

  • Zappeln Sie am Ende dieses Artikels schon voll Vorfreude auf ein neues Handarbeitsprojekt, das so viel mehr als ein nettes Hobby sein kann?
  • Haben Sie in handwerklichen Techniken nicht viel Erfahrung, oder schätzen Sie kreativen Austausch (von Ideen, Garn- und Stoffresten, …) in einer Gruppe?
  • Wünschen Sie sich eine Form von Aktivismus, bei der man nicht ausbrennt, sondern Selbstfürsorge pflegt, während man sein Anliegen kundtut?

Auf dem Telegramkanal „Sei kreaktiv!“ können Sie sich einerseits inspirieren lassen und andererseits Ihre Ideen vorstellen und andere damit anstecken. Er bietet auch die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und Treffen zu vereinbaren.

Oder Sie schreiben mir einfach: office@praxis-am-see.at

Gerne helfe ich bei der Gruppengründung von der Ideenfindung über Handwerkstechniken, Materialbeschaffung bis zu kunsttherapeutischen Elementen.

Weitere Literatur:

Sabine Planka: Urban Knitting, Yarn Bombing, Guerilla Knitting, in: Aesthetics of Resistance, Pictorial Glossary, The Nomos of Images, ISSN: 2366-9926, 28.10.2015, URL: http://nomoi.hypotheses.org/150. (15.11.23)

Matthias Lohre: „Ein Pulli für den Panzer“, in TAZ, 13.02.2013, online unter: URL: http://www.taz.de/Demonstration-fuer-Frieden-in-Dresden/!5073400/ (15.11.23)

Sieben Minuten – Zauberformel der Zeitlosigkeit

29. Oktober 2023. Zeitumstellung. In den nächsten Tagen werde ich immer wieder auf die Uhr schauen und mein Zeitgefühl mit dem Stand auf dem Ziffernblatt in Übereinstimmung zu bekommen. Meine Esel sehen es wie immer gelassen, dass sich nun eine Woche lang das Frühstück täglich um einige Minuten verschiebt.

In meinem öffentlichen Bücherschrank am Eselstall fällt mir Thomas Manns Zauberberg in die Hände. Und der erste Satz, der mir beim Durchblättern auffällt, ist:

„Die Zeit, die das Leben wegnimmt, gibt Gelegenheit, sich zu sammeln und zu gewinnen.“

Und während ich die Mistgabel schwinge, fällt mir die wahrscheinlich kürzeste, einfache und doch ebenso geniale Übung der „Sieben Minuten“ von Philip Zindel, einem Schweizer Psychiater und Hypnotherapeuten ein, die ich Ihnen gerne vorstellen und ans Herz legen möchte.

Anleitung

  1. Man nehme eine Stoppuhr und stelle sie auf sieben Minuten ein.
  2. Man mache es sich bequem, schließe die Augen und warte, bis es bimmelt.

Sie brauchen dabei nichts zu tun. Sie brauchen sich aber auch nicht dazu zwingen, unbedingt nichts zu tun.

Sieben Minuten - Wecker

Was soll dabei passieren?

Es soll überhaupt nichts Voraussagbares passieren. Und dennoch werden Sie zwangsläufig Vieles erleben. Und jedes Mal etwas Anderes.

Wenn Sie ganz passiv bleiben, …

  • … kann es sein, dass Sie einschlafen (sieben Minuten sind immerhin 420 aneinandergereihte Sekunden, und wenn man müde ist…). In diesem Fall werden Sie vielleicht staunen, wie schnell die sieben Minuten vorbeigegangen sind.
  • … werden Sie ein anderes Mal das Gefühl haben, die sieben Minuten wollen nie enden.
  • … kann es auch sein, dass die Gedanken weiter kreisen. Aber in sieben Minuten, mit geschlossenen Augen in bequemer Position wird sich das unabwendbar verändern. Auch wenn Sie es vielleicht erst im Nachhinein erkennen können.
  • … oder es tauchen ganz unerwartete Gedanken oder Erinnerungen auf, die kreative Lösungen für Fragen in einem ganz anderen Kontext liefern.
  • … können die kreisenden Gedanken in echtes Schlaf- oder Wachträumen übergehen.
  • … werden die Eindrücke oft intensiver, was nicht nur spannend ist, sondern auch bedeutsam, denn daraus ergeben sich neue Erkenntnisse und Zusammenhänge.
  • … oder … oder … oder

Wenn Sie etwas aktiver sein möchten, …

  • … lassen Sie Ihre Gedanken um ein bestimmtes Thema kreisen. Sie werden sich im Laufe der sieben Minuten verändern. Vielleicht sind sie dann weg. Oder sie fühlen sich ganz anders an.
  • … steigen Sie mit einer Fantasiereise wie dem „Sicheren Ort“ oder einem „Bad im goldenen Licht“ ein und lassen dann die Dinge sich entwickeln.

Der Kern dieser Technik ist das Überraschende. Man fühlt sich nach dieser Übung immer anders als zuvor, oft erstaunlich erholt.

Lassen Sie einfach geschehen, was geschieht. Sie brauchen sich nicht zu entspannen, noch sich konzentrieren oder achtsam sein, noch irgendetwas erwarten. Nach Ablauf der sieben Minuten werden Sie feststellen, wo Sie interessanterweise angekommen sind.

Die Sieben-Minuten-Perlenkette

Wenn Sie mehr Zeit zur Verfügung haben oder müde sind, können Sie auch mehrere Sieben-Minuten-Übungen aneinanderreihen. Erwarten Sie nicht, dass beide Zeitspannen gleich ablaufen werden. Es kann sein, dass Sie beim ersten Mal zur Ruhe kommen und müde werden, beim zweiten Mal tatsächlich einschlafen, beim dritten Mal vielleicht ganz klar sind oder sogar das Bedürfnis spüren aktiv zu werden. Das wäre auch der beste Zeitpunkt, um die Perlenkette zu beenden.

Es kann aber auch ganz anders ablaufen. Zwei oder dreimal sieben Minuten bringen übrigens mehr, als dieselbe Zeitspanne ohne Unterbrechung. Das klingt erstaunlich, könnte sich aber dadurch erklären lassen, dass man durch das Stoppuhrsignal daran gehindert wird, zu tief abzutauchen. Diesen Effekt kennen Sie vielleicht vom Power Napping, bei dem es ebenfalls wichtig ist, nicht zu lange und zu tief einzuschlafen.

Wozu soll das gut sein?

Bezogen auf die kurze Übungszeit ist ein unmittelbarer, erstaunlich hoher Erholungseffekt spürbar. Die Übung ist wie eine Atempause mit Reset Effekt im Strom des Tagesablaufs, besonders, wenn man sich im Kreis dreht und nicht weiterkommt. Das Verwenden einer Stoppuhr gibt Sicherheit und erleichtert es, innerlich loszulassen und die Kontrolle über die Zeit an eine äußere Instanz abzugeben. Man kann sich zeitlos fühlen, was ein wichtiger Faktor für eine gute Selbsthypnose ist.

Schon durch das Schließen der Augen und das Einnehmen einer bequemen Position wird der Informationsfluss von außen gedrosselt. Ein geschützter, innerer Raum entsteht.

Mit der Zeit werden Sie eine beträchtliche Palette an unterschiedlichen Bewusstseinszuständen erleben, die Sie selbst widerspiegeln und das eigene Innenleben reicher und bunter erleben lässt. Indem man zu diesen tieferen Schichten des Bewusstseins vordringt, wird aus Selbsterfahrung mehr und mehr Selbstvertrauen.

Was mache ich jetzt damit?

Sie haben nun den ganzen Beitrag gelesen. Könnten Sie ein bisschen Erholung brauchen? Vielleicht möchten Sie sich sieben Minuten gönnen, um das Gelesene Revue passieren und eigene Gedanken dazu aufsteigen zu lassen.

Wie wäre es, wenn Sie im Zeitstrom innehalten, bevor Sie sich Ihrer nächsten Aufgabe widmen, und eine Sieben-Minuten-Pause einlegen? Haben Sie Zeit dafür? Wirklich nicht? Wie würde Ihr weiterer Tagesplan aussehen, wenn Sie sich dafür entscheiden oder wenn Sie darauf verzichten?

Sie können sich jetzt frei entscheiden.

Zurück zum Zauberberg

„Der Zauberberg“ ist ein Roman von Thomas Mann, der 1924 veröffentlicht wurde. Die Geschichte handelt von einem jungen Mann namens Hans Castorp, der für einen kurzen Besuch zu seinem Cousin in ein Sanatorium in den Schweizer Alpen reist. Doch anstatt nur wenige Wochen zu bleiben, verbringt er sieben Jahre in diesem Sanatorium, da er selbst anfängt, Symptome einer Tuberkulose zu zeigen.

Während seines Aufenthalts in diesem abgeschiedenen Bergsanatorium erlebt Hans Castorp eine Welt, die von der Zeit und den gesellschaftlichen Veränderungen abgeschnitten ist. Er wird in die kulturellen und philosophischen Debatten der Zeit verwickelt und trifft auf eine Vielzahl von interessanten Charakteren. Hans Castorp beginnt, über Leben, Tod und die menschliche Existenz nachzudenken.

Der Roman ist geprägt von symbolischer und allegorischer Bedeutung und behandelt Themen wie Zeit, Gesundheit, Moral und das Aufkommen des Ersten Weltkriegs.

Das Motiv der Zahl sieben taucht immer wieder in metaphorischer Weise auf. Etwa in der Szene, in der das Fiebermessen jeden Morgen vor dem Aufstehen als tägliches Ritual für sieben Minuten durchgeführt wird und das für die Obsession der Charaktere mit ihrer eigenen Gesundheit und dem ständigen Bewusstsein ihrer anfälligen Verfassung in der isolierten Atmosphäre des Sanatoriums steht. Die Schilderung, was in diesen sieben Minuten in Kopf des Protagonisten vorgeht, ist meisterhaft.

Fast Fashion: Mode, die die Welt kostet

Kleiderschränke und Mülldeponien quellen über, Fast Fashion Läden locken mit Billigangeboten, Modetrends kommen und gehen, schneller als man waschen und bügeln kann.

Fast Fashion

Wie sind wir hierher gekommen? Wir kaufen dreimal so viele Kleidungsstücke wie 1980 und tragen sie nur halb so lange. Unsere Großmütter haben ihre Kleidung repariert, aber heute landen drei von fünf Kleidungsstücken innerhalb des ersten Jahres nach dem Kauf auf der Mülldeponie. Das hat sich innerhalb einer Generation geändert und wird bis 2030 voraussichtlich um 62 Prozent steigen. Mode füllt eine der größten Mülldeponien der Welt. Sie befindet sich in Chile und ist inzwischen aus dem Weltraum sichtbar. Sie besteht größtenteils aus ungenutzter und unverkaufter Kleidung.

Die Massenindustrialisierung und der globale Kapitalismus führten zur Vorstellung, dass wir alles schneller und billiger haben könnten und sollten. Wir haben den Bezug zu unserer Kleidung verloren. Wir wissen oft nicht, woher sie kommt, und es scheint uns nicht zu kümmern. Wenn ich „wir“ sage, meine ich uns alle, die Kleidung tragen, aber auch die Hersteller. Wenn Sie auf das Etikett Ihrer Kleidung schauen, steht dort, wo sie hergestellt wurde, aber es verrät Ihnen nicht, wie sie gesponnen, gewebt, gefärbt und veredelt wurde. Es erzählt Ihnen auch nichts über die 3,4 Milliarden Menschen, die in der Modebranche arbeiten, von denen 70 Prozent weiblich sind, oft unsichtbar und sie erhalten größtenteils kein existenzsicherndes Einkommen.

Wir sprechen über Gleichberechtigung, Feminismus, Vielfalt und Selbstermächtigung. Wir feiern die Prominenten und Influencer, die die schicken Designs tragen, aber wir sprechen nicht über die Frauen, die sie herstellen. Wir behandeln sie genauso wie ein Polyesterkleid, als wären sie wegwerfbar und billig.

Eines Ihrer heute getragenen Kleidungsstücke könnte auf dem Weg zu Ihnen durch fünf verschiedene Länder gereist sein und währenddessen bis zu 20 verschiedene Prozesse durchlaufen haben. Möglicherweise ist Ihr Outfit weiter gereist als Sie selbst.

Das Prinzip der Mode basiert auf dem Kaufen von mehr und dem Konsumieren von mehr. Doch wir kommen nicht umhin, auch ethische Entscheidungen zu treffen. Die Ökonomin Kate Raworth ist der Meinung: „Grenzen entfalten das Potenzial.“ Dem kann ich nur zustimmen.

Man sagt, wir essen jede Woche die Menge einer Kreditkarte an Plastik in Form von Mikroplastikteilchen. Doch am Ende werden wir kein Geld essen können. Die Lösung ist eigentlich einfach. Die grundlegende Idee, alles zu hinterfragen und Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen, ist entscheidend. Und für diejenigen, die nicht bereit sind, nachzudenken und umzudenken, müssen wir ausgleichende Regelungen finden.

Ich dachte nie, dass es revolutionär wäre, Schafe zu halten, ihre Wolle zu waschen, zu kardieren, mit Pflanzen aus meinem Garten zu färben, zu spinnen und zu weben. Mein zweitüriger Kleiderschrank enthält vom Wintermantel bis zum Strohhut alles, was ich für jede Jahreszeit brauche. Manches ist selbstgenäht. Anderes ist Second Hand. Socken stricken ist für mich außerordentlich entspannend. Und neuerdings habe ich kreative japanische Stick- und Flicktechniken wie Boro und Sashiko für mich entdeckt. Und einen Artikel über Sticken als Form von Politischem Aktivismus.

Infolgedessen bin ich auf die Slow-Fashion-Bewegung aufmerksam geworden, als Gegenentwurf zur Fast Fashion.

Statt einer Modeindustrie, die auf Schnelligkeit, Massenkonsum und Ausbeutung basiert, geht es bei der Slow-Fashion-Bewegung um einen achtsamen Umgang mit Kleidung – nach ökologisch nachhaltigen und sozial gerechten Prinzipien.

Dazu gehören:

  • Schonender Umgang mit Ressourcen: langlebige und hochwertige Kleidung produzieren, bestehende Kleidungsstücke so gut zu nutzen, wie möglich.
  • Faire Produktion: Angemessene Entlohnung und gesunde Arbeitsbedingungen
  • Ökologische Landwirtschaft: Rohstoffe für Textilien stammen aus nachhaltiger Landwirtschaft, welche die Umwelt nicht ausbeutet, sondern erhält und bestenfalls regeneriert.
  • Regionalität: Sowohl Anbau wie auch Verarbeitung: Je lokaler, desto besser.
  • Vermeidung schädlicher Chemikalien: zugunsten von natürlichen, gesundheitsschonenden Alternativen.
  • Transparenz: und zwar vom Feld bis zum Laden

Die Vorteile liegen auf der Hand. Aber wie soll man Slow Fashion umsetzen? Hier sind einige Ideen dazu:

  1. Kaufen Sie zeitlose Kleidungsstücke: Investieren Sie in klassische Kleidungsstücke, die nie aus der Mode kommen und vielseitig kombinierbar sind.
  2. Kaufen Sie Second-Hand: Erwerben Sie Kleidung aus Second-Hand-Läden, Flohmärkten oder Online-Plattformen, um bestehenden Kleidungsstücken ein zweites Leben zu geben.
  3. Setzen Sie auf Qualität vor Quantität: Geben Sie lieber mehr Geld für hochwertige Kleidung aus, die länger hält, anstatt häufig billige Kleidung zu kaufen, die schnell verschleißt.
  4. Reparieren und Upcycling: Lernen Sie grundlegende Nähtechniken, um Löcher zu stopfen, Knöpfe anzunähen und Kleidung zu reparieren. Sie können auch Ihre Kreativität einsetzen, um Kleidung aufzuwerten, z.B. durch Nähen, Färben oder Bedrucken.
  5. Praktizieren Sie Minimalismus: Reduzieren Sie Ihre Garderobe auf das Wesentliche.
  6. Unterstützen Sie lokale und ethische Marken: Kaufen Sie bei Marken, die lokale, ethische und nachhaltige Praktiken fördern. Informieren Sie sich über Gütesiegel.
  7. Tauschen und teilen Sie: Organisieren Sie Kleidertausch-Events mit Freunden oder nutzen Sie Plattformen, auf denen Sie Kleidung mieten oder teilen können.
  8. Achten Sie auf nachhaltige Materialien: Achten Sie auf nachhaltige Materialien wie Leinen, Baumwolle, Wolle, Tencel, Hanf oder recycelte Stoffe.
  9. Erwägen Sie selbstgemachte Kleidung: Wenn Sie die Fähigkeiten dazu haben, nähen Sie Ihre eigene Kleidung. Lernen Sie, zumindest einfache Kleidung selbst herzustellen.
  10. Pflegen Sie Ihre Kleidung: Behandeln Sie Ihre Kleidung sorgfältig und schonend, waschen Sie sie bei niedriger Temperatur und vermeiden Sie den Einsatz von Trocknern, da dies die Lebensdauer der Kleidungsstücke verlängert.
  11. Verantwortungsvolles Aussortieren: Wenn Sie Kleidung aussortieren, spenden, verschenken, verkaufen oder recyceln Sie diese, anstatt sie einfach wegzuwerfen.
  12. Achten Sie auf nachhaltige Accessoires: Beachten Sie auch bei Schuhen und Taschen Nachhaltigkeitsaspekte und Qualität.
  13. Informieren Sie sich: Setzen Sie sich über die Auswirkungen der Modeindustrie auf die Umwelt und die Arbeitsbedingungen in der Branche in Kenntnis, um fundierte Kaufentscheidungen zu treffen.

Und vor allem: Wählen Sie Strategien, die Ihnen Freude bereiten. Slow Fashion ist kein Verzicht, sondern Gewinn auf allen Ebenen. Seinen Kleiderschrank nach Outfits zu durchforsten, die wunderschön sind, die man aber wahrscheinlich nie wieder tragen wird, um sie jemandem zu schenken, macht Spass. Kreatives Upcycling ist nicht nur ökologisch, sondern auch künstlerischer Ausdruck und lustvolles Gestalten. Das Reduzieren auf das Wesentliche bedeutet auch eine Reduktion von Stress bei der Auswahl dessen, was man tragen möchte. Und nicht zuletzt: Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.

Wer nur kurz über den Tellerrand blickt, merkt: Fast Fashion schadet uns selbst und anderen Menschen genauso wie der Umwelt. Die Alternative ist entschleunigte Mode, Wertschätzung gegenüber den Personen, die unsere Kleidung fertigen, und Achtung der Ressourcen von Umwelt und Natur. Denn Kleidung soll uns guttun und unser aller Leben verbessern. Sie darf nicht die Welt kosten.

Lesenswertes und Sehenswertes:

Rebecca Burgess, Courtney White, Leonie De Abrew: Was steckt in unserer Kleidung? Leseprobe.

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Kürbissuppe – Brainfood aus aller Welt

Die Kürbissuppe hat ihren Ursprung in Nordamerika, insbesondere bei den Ureinwohnern dieses Gebiets. Kürbisse wurden von den amerikanischen Ureinwohnern bereits vor Jahrhunderten angebaut und in ihrer Ernährung verwendet.

Nach der Ankunft der europäischen Siedler in Nordamerika wurden Kürbisse in die europäische Küche eingeführt, und im Laufe der Zeit entwickelten sich verschiedenste Variationen Rezepten. Heute ist Kürbissuppe ein beliebtes Gericht in vielen Teilen der Welt, und es gibt unzählige regionale Variationen. Hier ein kleines Potpourri mit Rezepten aus aller Welt:

Steirische Kürbissuppe (Kürbiskernölsuppe):

Zutaten:

  • 1 Hokkaido Kürbis
  • 1 Zwiebel, gewürfelt
  • 1 Esslöffel Rapsöl
  • 1 mehlige Kartoffel
  • 1 Liter Gemüsebrühe
  • Lorbeerblatt
  • Muskatnuss
  • 2 Esslöffel Kürbiskernöl
  • Salz und Pfeffer
  • geröstete Kürbiskerne zum Bestreuen

Zubereitung:

  1. Den Kürbis halbieren, die Kerne entfernen und das Fruchtfleisch in Würfel schneiden. Die Schale wird beim Kochen weich und bleibt dran.
  2. In einem großen Suppentopf die Zwiebel goldgelb rösten.
  3. Die Kürbiswürfel und die sehr fein gewürfelte (oder geriebene) Kartoffel hinzufügen, mit Gemüsebrühe aufgießen, mit Lorbeerblatt und Muskatnuss weich köcheln. Wenn Sie einen sehr reifen Kürbis verwenden, können Sie die Kartoffel auch weglassen.
  4. Die Suppe pürieren und mit Salz abschmecken. Jeden Teller mit einem Esslöffel Kürbiskernen und frisch gemahlenem Pfeffer bestreuen.

Kürbissuppe aus Nepal:

Zutaten:

  • 1 kleiner Kürbis (z. B. Butternut oder Muskatkürbis)
  • 1 Zwiebel
  • 3 Knoblauchzehen
  • 1 Esslöffel frischer Ingwer, gerieben
  • 1 grüne Chilischote
  • 1 Teelöffel Kreuzkümmel, gemahlen
  • 1 Teelöffel Koriander, gemahlen
  • 1 Teelöffel Kurkuma
  • 4 Tassen Gemüsebrühe
  • 1 Tasse Kokosmilch
  • 2 Esslöffel Ghee oder Pflanzenöl
  • Salz und Pfeffer
  • 1 Teelöffel Chili-Pulver (je nach gewünschter Schärfe)
  • Frischer Koriander und etwas Limettenschale zum Garnieren

Anleitung:

  1. Den Kürbis schälen, entkernen und in Würfel schneiden.
  2. In einem großen Topf Ghee oder Öl erhitzen. Die gewürfelte Zwiebel goldbraun rösten, den Knoblauch und den geriebenen Ingwer anschwitzen, bis sie duften.
  3. Kreuzkümmel, Koriander, Kurkuma hinzufügen und kurz anrösten.
  4. Die Kürbiswürfel und die grüne Chilischote hinzufügen, mit Gemüsebrühe aufgießen und köcheln lassen, bis der Kürbis weich ist. Wenn sie es gerne scharf mögen, belassen Sie die Kerne in der Chilischote, sonst besser entfernen.
  5. Die Suppe pürieren, Kokosmilch hinzufügen, mit Salz, Pfeffer und Chilipulver abschmecken.
  6. In Schalen gießen und mit frischem Koriander garnieren.
  7. Die Kokosmilch hinzufügen und gut umrühren.
  8. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  9. Die Kürbissuppe in Schalen gießen und mit frischem Koriander und ein paar fein geschnittenen Streifen Limettenschale garnieren.

Kürbissuppe aus Spanien

Zutaten:

  • 1 kleiner Hokkaidokürbis
  • 1 Zwiebel
  • 1 Knoblauchzehe
  • Saft und Schale von 3 Orangen
  • 1/2 Liter Gemüsebrühe
  • 3 Esslöffel Olivenöl
  • Salz und weißer Pfeffer nach Geschmack
  • einige Orangenzesten und Petersilie zum Servieren

Anleitung:

  1. Den Kürbis schälen, entkernen und in Würfel schneiden.
  2. Im großen Suppentopf das Olivenöl erhitzen. Die gewürfelte Zwiebel goldgelb braten, den Knoblauch rösten, bis er duftet.
  3. Die Kürbiswürfel hinzufügen, mit Gemüsebrühe aufgießen, weichkochen.
  4. Orangensaft und geriebene Orangenschale dazugeben und pürieren.
  5. Mit Salz abschmecken.
  6. Die Kürbissuppe in Schalen gießen und mit Orangenzesten und Petersilie garnieren. Mit frisch gemahlenem weißem Pfeffer bestreuen.
  7. Augen schließen, tief einatmen und den ersten Löffel auf der Zunge zergehen lassen. Von der Costa Azahar im Frühling träumen, wenn sich die salzige Luft des Meeres mit dem süßen Duft der Orangenblüte mischt. Das frische, fruchtige Olivenöl kosten bis der erdige, mediterrane Geschmack des Kürbisses sich entfaltet.

Gesundheitliche Aspekte:

  1. Reich an Antioxidantien: Kürbis enthält viele Antioxidantien, darunter Vitamin C, Beta-Carotin (eine Vorstufe von Vitamin A) und andere Phytonährstoffe. Diese Substanzen schützen die Zellen vor oxidativem Stress und Entzündungen, die mit der Gehirnalterung und neurologischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden.
  2. Gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren: Kürbiskerne, die oft in Kürbissuppen verwendet werden, sind reich an Omega-3-Fettsäuren. Diese essenziellen Fettsäuren sind wichtig für die Gehirngesundheit und können die kognitive Funktion unterstützen.
  3. Vitamin B-Komplex: Kürbis enthält verschiedene B-Vitamine, einschließlich Vitamin B6, Folsäure und Niacin. Diese Vitamine sind für die Gehirnfunktion entscheidend, da sie die Produktion von Neurotransmittern und die Bildung von DNA unterstützen.
  4. Magnesium: Kürbis ist eine gute Quelle für Magnesium, ein Mineral, das für die Signalübertragung zwischen Nervenzellen wichtig ist. Ein ausgewogener Magnesiumspiegel im Körper kann die Gehirnfunktion verbessern.
  5. Ballaststoffe: Kürbis enthält Ballaststoffe, die den Blutzuckerspiegel stabilisieren können. Ein stabiler Blutzuckerspiegel ist wichtig, um Energieregulation und Konzentration aufrechtzuerhalten.
  6. Lutein und Zeaxanthin: Diese Carotinoide, die in Kürbis vorkommen, sind wichtig für die Gesundheit der Augen. Eine gute Sehkraft ist für die kognitive Funktion und das Lernen entscheidend.

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Krieg und Katastrophen: fernab und mittendrin

Während sich der Krieg in Israel und Gaza weiter zuspitzt, sind viele Menschen weit weg vom Ort des Geschehens dennoch unzähligen Bildern und Nachrichten durch Fernsehen, Radio und soziale Medien ausgesetzt.

Krieg im Gaza Streifen

Das fordert seinen Tribut von uns allen, auch von unseren Kindern. Die American Psychological Association veröffentlichte vor einigen Tagen eine Erklärung, in der sie warnte, dass der Konsum von gewalttätigen und traumatischen Nachrichten – auch ohne sie selbst direkt zu erleben – unserer psychischen Gesundheit schaden kann.

Angst und traumatischer Stress können langfristige Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden haben. Das spüren Menschen auf der ganzen Welt, die Familien und Freunde am Kriegsschauplatz haben, sowie die, die sich über die Auswirkungen des Krieges überall Sorgen machen.

Wie können wir uns also informieren, während wir unsere psychische Gesundheit und die unserer Kinder schützen? Dies ist ein Thema, das immer wieder im Zusammenhang mit einer langen Liste von Ereignissen wie kriegerischen Auseinandersetzungen, der Covid-19-Krise, Terroranschlägen, Naturkatastrophen und Gewalttaten auftaucht.

Insbesondere (bewegte) Bilder sind problematisch, weil sie in uns den Eindruck erwecken, dass die Gefahr nahe sei. Visuelle Eindrücke können so aufdringlich werden, dass man sie nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Das ist es, was jetzt gerade wieder im Zuge des Konflikts im Nahen Osten passiert. Was wir sehen, ist entsetzlich. Es geht über die gewöhnliche menschliche Erfahrung hinaus, Menschen zu sehen, die einander auf so schreckliche Art Gewalt antun. Es kann so blockieren, dass man sich bei der Arbeit nicht mehr konzentrieren oder nachts nicht mehr schlafen kann.

Diese beunruhigenden Nachrichten verursachen eine allgemeine Erregung zuerst im Gehirn und dann im Körper. Wir imaginieren Gefahr. Und das über lange Zeitspannen. Die permanente Verfügbarkeit und Überflutung durch die Medien, die der technische Fortschritt ermöglicht hat, hält einen nicht abreißenden Strom an Grauen bereit.

Natürlich sind manche Menschen anfälliger als andere, um infolgedessen eine akute Stressreaktion oder gar eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Etwa, wenn man sich direkt in der Krisenregion befindet oder Familie oder Freunde dort hat, um die man sich sorgt. Aber auch Menschen, die in ihrer Vergangenheit bereits mit psychischen Problemen vertraut waren, mit Angststörungen oder Stimmungsschwankungen oder die jede Art von traumatischen Erlebnissen erlitten haben, sind besonders gefährdet.

Was kann man tun?

Begrenzen Sie den Medienkonsum:

Das bedeutet nicht, sich völlig von Informationen abzuschotten, sondern die Zeit, die Sie damit verbringen, zu reduzieren, um die emotionale Belastung zu verringern. Beziehen Sie Ihre Nachrichten von ein oder zwei vertrauenswürdigen Quellen und begrenzen Sie die Konsumdauer auf 30 Minuten pro Tag, idealerweise nicht in der Nähe der Schlafenszeit, da dies Schlafprobleme verursachen kann. Setzen Sie sich (und Ihren Kindern) klare Grenzen, um der Medienüberflutung zu entgehen.

Krieg in den Medien

Reden Sie mit Ihren Kindern:

Es ist wichtig, mit Kindern altersgerecht über aktuelle Ereignisse zu sprechen und ihnen Fragen zu beantworten, damit die Fantasie nicht mit ihnen durchgeht. Eltern sollten ihre Kinder ermutigen, Fragen zu stellen. Beginnen Sie das Gespräch mit „Was weißt du darüber? Was hast du gehört? Wie geht es dir damit?“.

Die Identifizierung vertrauenswürdiger Quellen ist ebenfalls entscheidend, und Kinder sollten lernen, Informationen zu überprüfen und kritisch zu denken, anstatt blindlings zu glauben, was sie hören. Dies gilt für Nachrichten, medizinische Ratschläge und andere Informationen.

Holen Sie sich professionelle Hilfe, wenn nötig:

Praktisch alle psychiatrischen Diagnosen sind eine Erweiterung potenziell normaler Gefühle, die auf das Niveau einer Dysfunktion gestiegen sind. Jeder ist manchmal ängstlich. Und in schwierigen und stressigen Zeiten, wie es zurzeit der Fall ist, ist man auch ängstlicher als normalerweise.

Aber wenn Sie so besorgt sind, dass Sie sich nicht mehr konzentrieren können, Ihre Arbeitsleistung leidet, Sie vielleicht kein Buch mehr lesen können, unter Schlafstörungen leiden, weil Sie sich Sorgen machen, Ihr Appetit beeinträchtigt ist, also wenn das Niveau Ihrer Angst wichtige Lebensbereiche beeinflusst, dann ist es auf einen Level gestiegen, der Aufmerksamkeit braucht und der behandelt werden sollte.

Erstellen Sie einen Methodenkoffer zum Stressabbau:

Wenn Stress und Angst unsere Amygdala, den Teil des Gehirns, der unsere emotionale Reaktion steuert, beherrscht, dann sind wir nicht „bei Sinnen“. Um das System zu beruhigen und die Kontrolle wiederzuerlangen, kann man vielerlei tun:

  1. Ablenkung finden: Versuchen Sie, sich auf positive Aktivitäten zu konzentrieren, die Sie entspannen und Ihre Aufmerksamkeit erfordern wie Lesen, Musik hören, Sport treiben oder kreative Hobbys verfolgen.
  2. Meditation und Atemübungen: Atemtechniken und Meditation können dazu beitragen, Stress abzubauen und die Entspannung zu fördern.
  3. Gespräche führen, Beziehungen pflegen: Teilen Sie Ihre Gedanken und Sorgen mit Freunden oder der Familie. Das Teilen von Emotionen kann entlastend sein. Und sie spüren, dass Sie nicht allein sind. Aber begrenzen Sie gleichzeitig nervenaufreibende Diskussionen über belastende Nachrichten.
  4. Tagebuch für Dankbarkeit: Führen Sie ein Dankbarkeitstagebuch, in dem Sie täglich die Dinge aufschreiben, für die Sie dankbar sind. Damit lenken Sie die Aufmerksamkeit auf Positives.
  5. Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität, besonders in der Natur, kann die Freisetzung von Endorphinen fördern und Stress reduzieren. Am besten barfuß.
  6. Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit vielen frischen Lebensmitteln kann dazu beitragen, Körper und Geist zu unterstützen. Achten Sie in stressigen Zeiten besonders auf Brainfood und eine optimale Nährstoffversorgung.
  7. Schlaf: Sorgen Sie für Bedingungen, die einen ausreichenden und qualitativ hochwertigen Schlaf ermöglichen, da Schlafmangel Stress verschlimmern kann.
  8. Fokussieren Sie auf das Hier und Jetzt: Praktizieren Sie Achtsamkeit, indem Sie sich auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren. Wenn Sie unter der Dusche stehen, am Weg zur Arbeit sind, eine Mahlzeit einnehmen, … tun sie das achtsam und holen Sie die kreisenden Gedanken immer wieder zurück auf das Erleben des Augenblicks. Dies kann Ihnen helfen, Angst zu reduzieren.
  9. Routinen aufrechterhalten: Halten Sie an Ihren täglichen Routinen fest, soweit es möglich ist. Struktur und Vorhersehbarkeit können ein Gefühl von Stabilität bieten.
  10. Entspannungstechniken: Erwägen Sie die Anwendung von Entspannungstechniken wie progressiver Muskelentspannung oder autogenem Training.
  11. Imagination: Ersetzen Sie die destruktiven Bilder im Kopf durch positive. Lenken Sie bewusst Ihre Gedanken. Wir können nicht zwei Dinge gleichzeitig denken. Kleine tägliche Übungen dazu finden Sie hier.
  12. Ehrenamtliche Tätigkeiten: Anderen Menschen zu helfen oder ehrenamtliche Arbeit zu verrichten, kann ein Gefühl der Erfüllung und Dankbarkeit vermitteln und den Fokus von den belastenden Nachrichten ablenken.
  13. Entspannende Rituale: Schaffen Sie sich Rituale, die Entspannung fördern, wie zum Beispiel ein entspannendes Bad mit duftenden Ölen oder Salzen, Tee trinken, Powernapping, Tagebuch schreiben, Yoga, Meditation, Massagen.
  14. Lachen und Humor: Lachen ist eine natürliche Stressreduktion. Verbringen Sie Zeit mit humorvollen Freunden. Erfreuen Sie sich am Schabernack Ihrer Haustiere.
  15. Kreative Aktivitäten: Malen, Zeichnen, Basteln oder Handarbeiten sind kreative Wege, um Stress abzubauen.
  16. Musik hören: Entspannende Musik oder Naturgeräusche zu hören, kann Stress abbauen und zur Entspannung beitragen.
  17. Was ist Ihre persönliche Strategie, die Sie zuverlässig in stressigen Zeiten beruhigt und entspannt?

Denken Sie daran, dass es wichtig ist, auf Ihre eigene geistige Gesundheit zu achten und Methoden zu entwickeln, die für Sie am besten funktionieren. Jeder Mensch ist unterschiedlich, und es ist sinnvoll, verschiedene Techniken auszuprobieren, um herauszufinden, was am effektivsten ist.

Eine besondere Rolle bei der Bewältigung von Stress, der durch mediale Überflutung entstanden ist, spielt die Selbstwirksamkeitserwartung. Das Konzept aus der Sozialpsychologie, das von Albert Bandura entwickelt wurde, bezieht sich auf die Überzeugung einer Person darüber, inwieweit sie in der Lage ist, spezifische Aufgaben zu bewältigen, Herausforderungen zu meistern und Ziele zu erreichen. Im Wesentlichen handelt es sich um das Vertrauen einer Person in ihre eigenen Fähigkeiten, um in verschiedenen Situationen erfolgreich zu sein.

Neben der Stressreduktion ist die Selbstwirksamkeitserwartung gekoppelt mit der Bereitschaft zu aktiven, stärkenden Bewältigungsstrategien und einer höheren Widerstandskraft (Resilienz). Eine starke Selbstwirksamkeitserwartung kann Menschen das Gefühl von Empowerment verleihen. Sie fühlen sich in der Lage, Veränderungen herbeizuführen und sich aktiv für Frieden, Hilfe und Lösungen in Konfliktsituationen einzusetzen, anstatt im Gefühl von Hilflosigkeit zu verharren.

Welche Möglichkeiten gibt es, sich kurz- und langfristig für Frieden einzusetzen?

Empowerment:

  1. Bildung und Bewusstsein schaffen:
    • Informieren Sie sich über die Ursachen von Konflikten und Kriegen in der Welt, um ein besseres Verständnis für die Hintergründe zu entwickeln.
    • Teilen Sie dieses Wissen mit anderen, um das Bewusstsein für Friedensfragen zu schärfen.
  2. Friedensarbeit und Aktivismus:
    • Schließen Sie sich Friedensorganisationen und -gruppen an, die sich für Konfliktlösung und Gewaltprävention einsetzen.
    • Nehmen Sie an Friedensmärschen, -veranstaltungen und -kampagnen teil, um die Unterstützung für den Frieden zum Ausdruck zu bringen.
  3. Diplomatie und Konfliktlösung:
    • Engagieren Sie sich in der Förderung diplomatischer Lösungen für Konflikte, etwa durch das Schreiben von Briefen an politische Entscheidungsträger.
  4. Konfliktlösung in der Gemeinschaft:
    • Fördern Sie den Frieden in Ihrer Gemeinschaft, indem Sie sich für soziale Gerechtigkeit, Toleranz und Verständigung einsetzen.
    • Beteiligen Sie sich an Projekten, die die soziale Integration fördern und Konflikte innerhalb der Gemeinschaft lösen.
  5. Bildung und Erziehung:
    • Setzen Sie sich für eine Friedenserziehung in Schulen und Bildungseinrichtungen ein, um junge Menschen auf die Werte des Friedens und der Toleranz vorzubereiten.
  6. Interkultureller Austausch:
    • Engagieren Sie sich in interkulturellem Austausch, um Verständnis und Respekt zwischen verschiedenen Kulturen und Nationen zu fördern.
  7. Kommunikation und Medien:
    • Nutzen Sie soziale Medien und andere Kommunikationsmittel, um auf Friedensfragen aufmerksam zu machen und Menschen zum Handeln zu inspirieren.
  8. Konsumgewohnheiten:
    • Achten Sie darauf, welche Produkte und Dienstleistungen Sie kaufen, und unterstützen Sie Unternehmen und Organisationen, die sich für soziale Verantwortung und Frieden einsetzen.
  9. Politische Beteiligung:
    • Beteiligen Sie sich an politischen Prozessen, indem Sie wählen und politische Entscheidungsträger dazu auffordern, friedensfördernde Maßnahmen zu ergreifen.
    • Werden Sie aktiv in der Bürgerbeteiligung.
  10. Zwischenmenschliche Beziehungen:
    • Bemühen Sie sich um Frieden und Konfliktlösung in persönlichen Beziehungen, sei es in der Familie, unter Freunden oder am Arbeitsplatz.
  11. Fairer Handel:
    • Unterstützen Sie fair gehandelte Produkte und Unternehmen, die ethische Geschäftspraktiken fördern, um die wirtschaftliche Gerechtigkeit und den Frieden in benachteiligten Regionen zu unterstützen.
  12. Interreligiöser Dialog:
    • Förderung des interreligiösen Dialogs und des Verständnisses zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen, um religiös motivierte Konflikte zu vermindern.
  13. Engagement für Menschenrechte:
    • Unterstützen Sie Organisationen und Initiativen, die sich für die Wahrung der Menschenrechte in Konfliktregionen einsetzen.
  14. Frieden im Alltag:
    • Praktizieren Sie persönliche Gewaltlosigkeit, Toleranz und Mitgefühl im täglichen Leben und ermutigen Sie andere, dasselbe zu tun.

Frieden auf globaler Ebene hängt von vielen Faktoren ab. Jeder einzelne kann einen scheinbar bescheidenen, aber dennoch wichtigen Beitrag leisten, um positive Veränderungen herbeizuführen. Frieden erfordert das Engagement von Gemeinschaften und Nationen auf der ganzen Welt, und jede Anstrengung, die man unternimmt, trägt dazu bei, eine friedlichere Welt zu schaffen – für sich selbst und für andere, für den Moment und für die Zukunft.


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Zu allem ist die Imagination imstande

Vor vielen Jahrhunderten sagte Paracelsus, dass die Imagination zu allem imstande sei. Heute, mithilfe der modernen Forschung, beginnen wir immer mehr zu verstehen, wie treffend diese Worte sind. Nur sehr wenige Dinge unterscheiden uns von sonstigen Lebensformen auf der Erde. Die Imagination ist möglicherweise die größte Macht, die wir in uns tragen. Mit ihr können wir die Gegenwart gestalten, uns die Zukunft vorstellen und sogar die Vergangenheit aufgreifen. Wir können versuchen, Dinge so zu sehen, wie andere es tun. Wir können sogar an Dinge denken, die nicht hier sind oder die es noch gar nicht gibt. Durch unsere Vorstellungskraft haben wir die Architektur entwickelt, Wissenschaft betrieben, Kunstwerke geschaffen. Wir belassen die Welt nicht so, wie wir sie vorfinden. Wir kreieren Zivilisationen, Theorien, Technologien und greifen nach fremden Welten.

Wie würden Sie sich die Welt neu erdenken? Was nehmen wir viel zu oft als selbstverständlich hin? Was würden Sie gerne ändern? Das größte Hindernis, zu erreichen, was man will, ist eine begrenzte Vorstellungskraft …

Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem kalten klaren Bergquellteich, bereit um einzutauchen. Was geschieht? Ihr Körper reagiert sofort. Adrenalin durchflutet die Adern, die Muskeln spannen sich an, und das Herz beginnt schneller zu schlagen. Die Atmung wird tiefer und schneller, während die Sinne auf Hochtouren arbeiten. Die Kraft Ihrer Vorstellung verändert Ihren Körper in diesem Moment, als ob Sie tatsächlich im eisigen Wasser untertauchen würden. Sie beeinflusst den Körper unmittelbar.

Stellen Sie sich jetzt einen Ort vor, an dem Sie sich sicher und geborgen fühlen. Richten Sie sich dort so angenehm ein, dass Sie sich mit allen Sinnen wohlfühlen können. Wenn Ihnen noch etwas fehlt, verändern Sie alles so, bis es ganz stimmig ist. … Wie reagiert Ihr Körper? Ihre Atmung, Ihr Herzschlag? Fühlen Sie sich irgendwie leichter, wohler, unbeschwerter? Wenn Sie diese kleine Übung regelmäßig machen, sie Ihnen sozusagen in Fleisch und Blut übergeht, dann können Sie sie jederzeit einsetzen, wenn Sie angespannt sind oder sich unwohl fühlen. Für unser Gehirn bedeuten Imagination und Realität fast dasselbe.

Denken Sie daran, dass Ihre inneren Bilder nicht nur in Ihrem Kopf existieren, sondern in Ihren Körper hineinwirken und umgekehrt. Das gilt auch für Bilder, die wir täglich etwa über die Medien in uns aufnehmen – unabhängig davon, ob wahr oder falsch, schön oder schrecklich. Ihr Körper ist die Schnittstelle zur äußeren Welt. Wenn Sie beobachten, was Sie wahrnehmen, öffnen Sie den Zugang zu beiden Welten.

Carl Gustav Jung sah die Imagination als „Einbildungskraft“. Das aktive Erzeugen innerer Bilder verlaufe gemäß der Natur, sodass der Gedanke ein getreues Abbild im Körper hervorbringt. Diesen Vorgang bezeichnete er als Opus, als das große Werk. Für Jung war die Imagination mehr als eine Technik des deutenden Verstehens. Vielmehr stellte sie für ihn einen Vorgang der Alchemie, die Umwandlung von Materie dar.

Imaginationen prägen unser Gehirn und damit unseren Körper. Einige stärken und nähren uns, während andere uns selbst, unseren Beziehungen, unserer Umwelt schaden.

Beginnen Sie damit, destruktive Bilder zu verändern. Ersetzen Sie sie durch heilende Bilder, die Ihnen Wohlgefühl, Lebensfreude, Gesundheit und Frieden schenken. Nutzen Sie die Macht Ihrer Imagination, um neue innere Welten zu erschaffen, die Sie stärken. Sie sind die Grundlage dafür, die äußere Welt zu gestalten. Pflegen Sie diese heilenden Bilder, bis sie Teil von Ihnen werden – bis sie sich in Ihrem Körper manifestieren und weit darüber hinaus.

Sie haben die Macht, Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden durch die Zauberkraft Ihrer Vorstellung zu gestalten. Nutzen Sie sie weise.

Auf diesem Telegram Kanal finden Sie laufend kleine Übungen, die dabei helfen, die Kraft der Imagination im Alltag zu beleben. Imagination bietet einen Raum unendlicher Freiheit und grenzenloser Möglichkeiten. Sie beeinflusst nicht nur unseren Körper, sondern schenkt auch Ideen und Visionen, Lösungen für Probleme und die kreativen Zündfunken für die schöpferische Gestaltung unseres Lebens.

Erkunden, erwecken, nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft. Leben und genießen Sie sie.

Anleitung:

Sie können die kleinen, täglichen Übungen auf verschieden Weise nutzen. Vielleicht nehmen Sie sich morgens noch zwischen Tag und Traum ein paar Minuten Zeit. Vielleicht fallen sie Ihnen aber auch untertags immer wieder ein und Sie halten für einen Moment inne und erweitern Ihre inneren Bilder. Schaffen Sie dafür ruhige Auszeiten im Strudel des Alltags und beginnen Sie die Imagination mit einer kurzen Atemübung oder einer gedanklichen Reise durch den Körper.

Besonders intensiv nutzen können Sie die Übungen, wenn Sie in einem Tagebuch Notizen dazu machen. Wenn Ihnen fließende Texte nicht so leicht von der Hand gehen, kritzeln Sie ein wenig und fügen Sie ein paar Stichworte hinzu. Versuchen Sie es mit Mindmapping (Wölkchentechnik) oder Brainstorming und erweitern Sie so Ihre Imagination. Erstellen Sie Haikus oder Elfchen aus diesen Wortsammlungen, die Sie immer wieder bezaubern werden.

Tauschen Sie sich mit einem Freund aus, der dieselbe Übung gemacht hat und erleben Sie, wie das die Vorstellungskraft befeuern kann. Oder nehmen Sie an einer Gruppe teil, die durch das gemeinsame Erleben und Austauschen Imagination auf faszinierende Ebenen bringen kann.

Umgeben sind wir rings von Zaubereien,
Allein wir selber sind die Zauberer ...
Und in der Welt, voll offenbarer Wunder
Sind wir das größte Wunder selbst.

Franz Grillparzer

Literatur:

Antoine Faivre: Die Macht der Imagination. https://www.anthroweb.info/erweiterungen/beitraege/macht-der-imagination.html. Abrufdatum: 18.10.2023


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