Der Preis des Friedens – Wege aus dem Krieg

Samstagnachmittag unter den Linden. In trauter Runde teilen wir unsere Sorgen über Gott und die Welt, insbesondere den Teil der Welt, der gerade in Schutt und Asche gelegt wird. Auch wenn der bewaffnete Konflikt im Sudan weiterhin in humanitäre Katastrophen ausartet, in Äthiopien Regierungstruppen und Rebellen das Land zerstören, in Myanmar mit seinen ethischen und politischen Zwiespältigkeiten Gewalt herrscht, in Afghanistan Sicherheit ein Fremdwort ist und in Kolumbien vom Friedensabkommen nichts zu spüren ist, so liegen uns doch der Ukraine Krieg und die Eskalationen im Gazastreifen am nächsten. Wie steht es um Österreichs Neutralität? Wie sind Deutschlands Waffenlieferungen zu bewerten? Wie ließe sich der Konflikt lösen?

Krieg in der Ukraine

In meiner Hand halte ich einen Aufkleber mit einem Zitat von Erich Maria Remarque. „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg. Bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind. Besonders die, die nicht hingehen müssen.“ Und tatsächlich bin ich überrascht, dass viele Leute, selbst solche, die sich für Pazifisten halten, Waffenlieferungen als unumgänglich sehen. Deshalb möchte ich diesen Standpunkt aus psychologischer Sicht hinterfragen und alternative Wege andenken.

Waffenlieferungen mögen auf den ersten Blick als notwendige Unterstützung für die Verteidigung gegen eine aggressive Invasion erscheinen. Doch dieser Ansatz birgt Risiken, die tief in die menschliche Psyche und die Dynamiken von Konflikten eingreifen.

Der Kreislauf von Gewalt und Hass

Kriege, wie der in der Ukraine sind geprägt von tief verwurzeltem Hass, Angst und Verzweiflung. Diese Emotionen führen zu einer Entmenschlichung des Gegners und rechtfertigen in den Augen vieler die Anwendung extremer Gewalt. Jede Seite sieht sich im Recht, jede Seite sieht sich als Opfer und den Gegner als Täter.

Insofern verstärken Waffenlieferungen diesen Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt. Sie signalisieren, dass militärische Lösungen den Vorrang vor diplomatischen Verhandlungen haben, was zu einer Eskalation der Gewalt führt. In diesem Umfeld wird das Potenzial für Versöhnung und Frieden systematisch untergraben.

Der Teufelskreis der Rache

Waffenlieferungen schaffen nicht nur unmittelbare Zerstörung, sondern nähren auch langfristig das Verlangen nach Rache. Jeder getötete Soldat, jeder zerstörte Lebensraum, jeder verletzte Zivilist hinterlässt tiefe Wunden in den Seelen der Betroffenen. Diese Wunden heilen nicht durch weitere Gewalt, sondern verschlimmern sich und werden von Generation zu Generation weitergegeben.

Aus psychologischer Sicht ist es von entscheidender Bedeutung, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Frieden erfordert vor allem eine radikale Entscheidung, den Verlauf der Dinge zu unterbrechen und sich dem uralten Drama von Gewalt, Vergeltung und Rache zu entziehen. Dies ist keine einfache Aufgabe, sondern erfordert enormen Mut und Entschlossenheit.

Das Unverzeihliche verzeihen

Frieden hängt nicht davon ab, dass ein korrektes Geschichtsbild vermittelt wird. Er liegt jenseits der Rechtfertigungen, die jede Seite vorbringt. Jede Seite glaubt, dass die andere unverzeihliche Verbrechen verübt hat. Tatsächlich haben das jedoch beide Seiten getan. Ein praktikabler Friedensplan erlaubt jeder Seite, die Geschichte zu behalten, die sie sich selbst erzählt. Jede Seite kann weiterhin glauben, dass sie recht hat.

Etwas anderes werden sie jedoch dem Gott des Friedens opfern müssen: Dass die anderen endlich zugeben, im Unrecht gewesen zu sein. Dass die Verbrecher auf der anderen Seite hart bestraft werden müssen. Und dass das Leid und der Schaden wiedergutgemacht werden muss.

Ein zentraler Bestandteil eines Friedensprozesses ist die Bereitschaft zur Vergebung. Vergebung bedeutet, den Wunsch aufzugeben, denjenigen, die uns Unrecht getan haben, Schaden zuzufügen. Amnestie ist die politische Entsprechung dieser Vergebung und ein Schlüssel zur Überwindung des Konflikts. Sie stellt für Kriegsverbrecher die Alternative dar zum Kampf bis zum Tod und durchbricht damit den Teufelskreis der Rache.

Vergebung ermöglicht es den Betroffenen, sich aus dem Griff des Hasses zu befreien und einen neuen Anfang zu wagen. Sie eröffnet die Möglichkeit, die Menschlichkeit des Gegners anzuerkennen und gemeinsame Lösungen zu suchen.

Krieg - humanitäre Hilfe

Alternativen zu Waffenlieferungen

Statt auf Waffenlieferungen zu setzen, könnten wir auf massive humanitäre Hilfe und friedenserhaltende Einsätze aus der ganzen Welt bauen. Diese sollten darauf abzielen, Vertrauen zu schaffen und den Wiederaufbau zu unterstützen. Dabei ist es wichtig, alle Menschen gleichwertig zu behandeln und ihnen ermöglichen, in Würde zu leben.

Ein praktischer Friedensplan könnte folgende Kernpunkte umfassen:

  1. Amnestie im Austausch für Entwaffnung: Beide Seiten stimmen einem vollständigen und dauerhaften Waffenstillstand zu und erhalten im Gegenzug Amnestie.
  2. Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau: Ein internationaler Einsatz unterstützt die Betroffenen mit Lebensmitteln, Kleidung, medizinischer Versorgung und dem Wiederaufbau von Infrastruktur.
  3. Gleichberechtigung und Würde: Alle Menschen in der Konfliktregion erhalten gleiche Rechte und Chancen, unabhängig von ihrer ethnischen oder nationalen Zugehörigkeit. Dabei geht es um pragmatische und tragfähige Lösungen für die Hindernisse, die frühere Verhandlungen blockiert haben, und die Bestrebung, sich von einem Paradigma der Trennung zu verabschieden hin zu einer Zukunft, die auf Machtteilung und gemeinsamen Interessen basiert.

Die Macht der Versöhnlichkeit

Letztlich ist Versöhnlichkeit die Essenz der Friedensführung. Sie erfordert, das Ziel aufzugeben, anderen Leid zuzufügen, und stattdessen in die Zukunft zu blicken. Frieden ist möglich, wenn wir den Teil der menschlichen Natur ansprechen, der Mitgefühl, Güte und Wohlwollen ausdrückt.

Es liegt an uns, ob wir den Kreislauf von Gewalt und Rache fortsetzen oder den Mut finden, einen neuen Weg zu gehen. Dies erfordert nicht nur politische Maßnahmen, sondern auch eine tiefgehende psychologische Transformation in unseren Herzen und Köpfen.

Indem wir Bestrafung und Rache für begangenes Unrecht opfern und stattdessen auf Amnestie, humanitäre Hilfe und tragfähige Lösungen für gemeinsame Interessen setzen, können wir die Wunden der Welt heilen und nachhaltigen Frieden schaffen. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam beschreiten und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht aufgeben.

Dies täglich üben zu können, schon bevor ein Konflikt handfest wird, in der Partnerschaft, in der Familie, im beruflichen Umfeld, in der Nachbarschaft, ist ein großer Vorteil, den sich niemand entgehen lassen sollte. Gelegenheit dazu bieten die Dialoge mit Respekt, die einmal im Monat in Lochau stattfinden.

Fragen zur Selbstreflexion

  1. Persönliche Haltung zu Konflikten und Frieden:
    • Welche Gefühle und Gedanken habe ich, wenn ich von Kriegen und Konflikten höre?
    • Welche Rolle spiele ich in meinem persönlichen Umfeld, um Konflikte zu vermeiden und Frieden zu fördern?
    • Glaube ich, dass Waffenlieferungen gerechtfertigt sind, um einen Konflikt zu lösen? Warum oder warum nicht?
  2. Menschliche Psyche und Gewalt:
    • Wie gehe ich mit Wut und Rachegefühlen in meinem eigenen Leben um?
    • Habe ich Erfahrungen gemacht, in denen Gewalt oder Rache zu weiteren Konflikten geführt haben?
    • Welche Schritte kann ich unternehmen, um in meinem Wirkkreis eine Kultur der Vergebung und des Friedens zu fördern?
  3. Vergebung und Versöhnung:
    • Was bedeutet Vergebung für mich persönlich? Habe ich bereits Situationen erlebt, in denen ich Vergebung praktiziert habe oder vergeben musste?
    • Welche Hindernisse sehe ich für mich selbst, anderen zu vergeben, die mir Unrecht getan haben?
    • In welchen Bereichen meines Lebens könnte Vergebung zu mehr Frieden und Harmonie führen?
  4. Alternativen zu Waffenlieferungen:
    • Welche praktischen Maßnahmen kann ich unterstützen oder initiieren, um humanitäre Hilfe zu leisten?
    • Wie kann ich dazu beitragen, das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Frieden und humanitärer Hilfe in meiner Umgebung zu erhöhen?
  5. Ethische und moralische Überlegungen:
    • Welche ethischen Grundsätze leiten meine Entscheidungen und Handlungen in Bezug auf Konflikte und Frieden?
    • Wie kann ich diese ethischen Grundsätze stärker in meinem täglichen Leben verankern?
  6. Engagement und Verantwortung:
    • Welche Rolle sehe ich für mich selbst bei der Förderung von Frieden und Vergebung auf lokaler oder globaler Ebene?
    • Welche konkreten Schritte kann ich unternehmen, um einen positiven Beitrag zu leisten?
    • Wie kann ich andere dazu inspirieren, sich ebenfalls für Frieden und humanitäre Hilfe zu engagieren?

Diese Fragen helfen Ihnen, Ihre eigenen Einstellungen und Handlungen in Bezug auf Konflikte, Frieden, Vergebung und humanitäre Hilfe zu reflektieren und konkrete Maßnahmen zu identifizieren, die Sie ergreifen können, um eine positive Veränderung zu bewirken.

Zücken Sie am besten ein Notizbuch, in dem Sie Ihre Gefühle, Ihre Gedanken und Ihr Tun festhalten und auch beobachten können, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern.

Literatur

  1. Eisenstein, Charles. „How to Heal the Wound of Gaza.“ Charles Eisenstein’s Substack, 12. Juli 2023, https://charleseisenstein.substack.com/p/how-to-heal-the-wound-of-gaza. Abrufdatum: 28.7.2024.
  2. Aland for All. Aland for All, https://www.alandforall.org/. Abrufdatum: 28.7.2024.
  3. Remarque, Erich Maria. Im Westen nichts Neues. Berlin: Propyläen Verlag, 1928.

Dialog mit Respekt: Der Schmetterlingseffekt

Der Schmetterlingseffekt, ein Konzept aus der Chaostheorie, besagt, dass kleine Ursachen große Wirkungen haben können. Der Begriff wurde durch den Meteorologen Edward Lorenz populär, der in den 1960er Jahren entdeckte, dass minimale Abweichungen in den Anfangsbedingungen eines Wettersystems drastische Unterschiede in den späteren Zuständen hervorrufen können. In populärer Darstellung wird oft gesagt, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen könnte.

Sei die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst

In einer Welt, die von zahlreichen Herausforderungen wie Klimawandel, soziale Ungleichheit und politische Unruhen geprägt ist, scheint die Möglichkeit, Veränderungen zu bewirken, oft überwältigend und weit entfernt. Das Zitat „Sei die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst“ erinnert uns jedoch daran, dass der Schlüssel zu echter Veränderung nicht in großen, unerreichbaren Visionen liegt, sondern in den kleinen, täglichen Handlungen jedes Einzelnen.

Ursprung und Bedeutung

Dieses Zitat wird häufig Mahatma Gandhi zugeschrieben, obwohl es keine endgültigen Beweise dafür gibt, dass er diese Worte tatsächlich gesagt hat. Unabhängig von seinem Ursprung fängt das Zitat die Essenz von Gandhis Philosophie und Lebenswerk ein: Der Wandel beginnt bei uns selbst. Es betont die persönliche Verantwortung und die Macht individueller Aktionen im Streben nach einem besseren Morgen.

Der innere Wandel als Ausgangspunkt

Bevor wir die Welt verändern können, müssen wir uns selbst verändern. Dies bedeutet, unsere Einstellungen, Verhaltensweisen und Gewohnheiten zu hinterfragen und anzupassen. Beispielsweise können wir uns entscheiden, bewusster zu konsumieren, indem wir nachhaltige Produkte bevorzugen und Abfall reduzieren. Wir können Freundlichkeit und Empathie in unserem täglichen Umgang mit anderen praktizieren und uns für Gerechtigkeit und Gleichheit einsetzen, indem wir diskriminierende Verhaltensweisen und Vorurteile aktiv ablehnen.

Praktische Beispiele im Alltag

  1. Umweltschutz: Kleine Änderungen wie das Reduzieren von Plastikverbrauch, das Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel oder das Pflanzen eines Baumes können erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Diese Handlungen inspirieren oft andere, ebenfalls umweltbewusster zu leben.
  2. Soziale Gerechtigkeit: Freiwilligenarbeit, Spenden und das Unterstützen von Organisationen, die sich für benachteiligte Gemeinschaften einsetzen, sind direkte Wege, um soziale Gerechtigkeit zu fördern. Auch das Aufstehen gegen Ungerechtigkeiten im Alltag, sei es im persönlichen oder beruflichen Umfeld, trägt zur Veränderung bei.
  3. Zwischenmenschliche Beziehungen: Freundlichkeit, Respekt und Geduld im Umgang mit anderen fördern ein positives und unterstützendes soziales Umfeld. Dies kann im Kleinen beginnen, zum Beispiel durch das freundliche Begrüßen von Nachbarn oder das aktive Zuhören in Gesprächen.

Die Kraft der Inspiration

Indem wir selbst Veränderungen vorleben, inspirieren wir andere, es uns gleichzutun. Die Wirkung eines guten Beispiels darf nicht unterschätzt werden. Wenn Menschen sehen, dass wir ernsthaft und konsequent handeln, fühlen sie sich ermutigt, ebenfalls ihren Beitrag zu leisten. Diese kollektive Bewegung, die durch individuelle Aktionen angestoßen wird, kann zu großen gesellschaftlichen Veränderungen führen.

Überwindung von Hindernissen

Der Weg zu Veränderung ist nicht immer einfach. Es gibt Widerstände und Rückschläge, sowohl auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Es erfordert Mut, Ausdauer und die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen. Doch jede kleine Handlung zählt und trägt zum großen Ganzen bei.

„Sei die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst“ ist nicht nur ein inspirierendes Zitat, sondern eine Handlungsaufforderung. Es erinnert uns daran, dass jeder von uns die Fähigkeit und die Verantwortung hat, positive Veränderungen herbeizuführen. Durch bewusste, alltägliche Handlungen können wir eine Kettenreaktion auslösen, die letztlich zu einer besseren und gerechteren Welt führt. Der Wandel beginnt bei uns – und genau darin liegt unsere größte Stärke.

Fragen für den Dialog und zur Selbstreflexion:

Sollten Sie leider nicht am Dialog teilnehmen können, können Sie trotzdem davon profitieren, indem Sie Papier und Stift zu Hand nehmen und sich zu den folgenden Fragen ein paar Notizen machen. Vielleicht möchten Sie diese Gedanken auch mit jemandem zu gegebener Zeit teilen.

1. Persönliche Werte und Überzeugungen

  • Welche Werte sind mir am wichtigsten?
  • Welche Überzeugungen leiten mein tägliches Handeln und meine Entscheidungen?
  • Inwiefern spiegeln meine aktuellen Handlungen und Entscheidungen diese Werte wider?

2. Einfluss und Verantwortung

  • Welche kleinen Handlungen in meinem täglichen Leben könnten positive Veränderungen bewirken?
  • Welche Aspekte meines Verhaltens würde ich ändern, um die Welt um mich herum besser zu machen?
  • Fühle ich mich verantwortlich für das, was in meiner Gemeinschaft oder der Welt geschieht? Warum oder warum nicht?

3. Beispiele und Inspiration

  • Wer sind meine Vorbilder und warum bewundere ich sie?
  • Welche Geschichten oder Beispiele von anderen Menschen inspirieren mich und warum?
  • Wie kann ich die positiven Eigenschaften und Handlungen dieser Vorbilder in meinem eigenen Leben umsetzen?

4. Ziele und Visionen

  • Welche Veränderung möchte ich in der Welt sehen?
  • Welche Schritte kann ich heute unternehmen, um dieser Veränderung näherzukommen?
  • Welche langfristigen Ziele habe ich, die zu einer positiven Veränderung in meiner Gemeinschaft oder der Welt beitragen könnten?

5. Hindernisse und Herausforderungen

  • Welche Hindernisse stehen mir im Weg, wenn ich versuche, Veränderungen zu bewirken?
  • Wie kann ich diese Hindernisse überwinden oder minimieren?
  • Welche Fähigkeiten oder Ressourcen benötige ich, um meine Ziele zu erreichen?

6. Reflexion und Wachstum

  • Welche Erfahrungen in meinem Leben haben mich gelehrt, wie wichtig persönliche Veränderungen sind?
  • In welchen Bereichen meines Lebens habe ich bereits positive Veränderungen erreicht? Was habe ich daraus gelernt?
  • Wie kann ich kontinuierlich lernen und wachsen, um ein besserer Agent des Wandels zu sein?

7. Gemeinschaft und Zusammenarbeit

  • Wie kann ich andere in meinem Umfeld inspirieren und ermutigen, ebenfalls positive Veränderungen anzustreben?
  • Welche Gemeinschaftsprojekte oder Initiativen könnte ich unterstützen oder initiieren, um einen größeren Einfluss zu haben?
  • Wie kann ich meine Stärken und Fähigkeiten am besten in den Dienst der Gemeinschaft stellen?

Lesenswertes

Falter, H.-D. (2003). Chaosphysik: Einführung in die nichtlineare Dynamik und das Chaos. Universität Münster, Institut für Didaktik der Physik. Verfügbar unter https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/fachbereich_physik/didaktik_physik/publikationen/falter_chaosphysik.pdf. Abrufdatum: 15.07.24

Krieghofer, G. (2021). Zitatforschung: „Be the change …“, „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Mahatma Gandhi (angeblich). Verfügbar unter: https://falschzitate.blogspot.com/2019/08/sei-du-selbst-die-veranderung-die-du.html. Abrufdatum: 15.07.2024

Vom Scheitern: verborgene Geschenke des Misserfolgs

Erfolg wird uns eingebläut, kaum dass wir das Licht der Welt erblickt haben. Wird das Kind erfolgreich gestillt? Ist die vorschulische Erziehung erfolgreich? Wie steht es um den Erfolg in der Schule, im Berufsleben, in der Beziehung? Scheitern wird oft als das Schlimmste angesehen, was einem passieren kann. Doch was wäre, wenn wir das Scheitern und das Fehler machen aus einer anderen Perspektive betrachten? Was wäre, wenn wir diese vermeintlichen Rückschläge als notwendige Schritte auf dem Weg zum Erfolg sehen würden? In diesem Artikel beleuchten wir die verborgenen Geschenke des Scheiterns und zeigen, warum Fehler machen ein unverzichtbarer Teil des Wachstumsprozesses ist.

Der erste Schritt: Das Stigma des Scheiterns überwinden

Die Angst vor dem Scheitern ist tief in unserer Kultur verankert. Von klein auf wird uns beigebracht, dass Fehler vermieden werden sollten und dass Erfolg nur durch makellose Leistungen erreicht wird. Diese Vorstellung ist jedoch weit von der Realität entfernt. Die größten Erfinder, Unternehmer und Künstler unserer Zeit sind alle durch Phasen des Scheiterns gegangen. Thomas Edison, der über 1.000 Mal scheiterte, bevor er die Glühbirne perfektionierte, sagte einmal: „Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.“ Diese Worte erinnern uns daran, dass jedes Scheitern eine Lektion in Verkleidung ist.

Das Geschenk der Erkenntnis

Wenn wir scheitern, bekommen wir die Chance, wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Fehler zeigen uns, was nicht funktioniert, und bieten uns die Möglichkeit, unsere Strategien anzupassen und zu verbessern. Statt Fehler als Niederlagen zu betrachten, sollten wir sie als notwendige Schritte auf dem Weg zu besseren Lösungen und innovativeren Ansätzen sehen.

Ein treffendes Beispiel aus dem Alltag ist das Gärtnern. Beim ersten Versuch, einen Gemüsegarten anzulegen, kann es passieren, dass die Pflanzen aufgrund falscher Bewässerung oder unzureichender Bodenqualität nicht gut gedeihen. Doch genau diese Fehler bieten wertvolle Lektionen: Man lernt, welche Pflanzen für den jeweiligen Standort geeignet sind, welche Pflege sie benötigen und wie man den Boden richtig vorbereitet.

So ist wohl auch die Permakultur entstanden. Das Konzept für nachhaltige Landwirtschaftssysteme fördert die Schaffung von produktiven und ökologisch stabilen Ökosystemen, die sich weitgehend selbst regulieren können.

Die Entwicklung der Permakultur war das Ergebnis von Experimenten und Lernprozessen, bei denen Fehler und Misserfolge entscheidende Erkenntnisse lieferten. Pionierarbeit leisteten Menschen wie Masanobu Fukuoka, der mit natürlichen Anbaumethoden experimentierte und Fehler machte, die zu neuen Einsichten führten, wie z.B. der „Nichts-Tun-Landwirtschaft“.

"Scheitern ist nur die Möglichkeit, mit neuen Ansichten wieder anzufangen."

Henry Ford

Die Entwicklung von Resilienz

Scheitern fordert uns heraus und zwingt uns, unsere Komfortzone zu verlassen. Es erfordert Mut, nach einem Misserfolg wieder aufzustehen und es erneut zu versuchen. Diese Erfahrungen stärken unsere Resilienz – die Fähigkeit, trotz Rückschlägen weiterzumachen. Resilienz ist eine Schlüsselkompetenz, die uns nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Privatleben weiterbringt. Sie hilft uns, Herausforderungen zu meistern und mit den Höhen und Tiefen des Lebens umzugehen.

Ein alltägliches Beispiel hierfür ist das Bestehen einer schwierigen Prüfung. Beim ersten Versuch, eine wichtige Prüfung zu bestehen, kann es passieren, dass man durchfällt. Dieser Rückschlag kann entmutigend sein, aber er bietet auch die Chance, Resilienz zu entwickeln. Man lernt, sich besser vorzubereiten, Stress zu bewältigen und trotz des Misserfolgs dranzubleiben.

Insofern erscheint die Auszeichnung für besondere Schul- und Studienleistungen, die „Promotion sub auspiciis praesidentis“ nicht unbedingt als Gewinn, hat man sich doch die Möglichkeit versagt, zu scheitern.

"Es ist nicht, wie weit du fällst, sondern wie hoch du zurückspringst."

Zig Ziglar

Kreativität und Innovation fördern

Fehler machen öffnet Türen zu neuen Möglichkeiten. Wenn wir den Mut haben, anders zu denken und Risiken einzugehen, entdecken wir oft innovative Lösungen, die wir sonst nie in Betracht gezogen hätten. Viele bahnbrechende Erfindungen und kreative Werke entstanden aus Situationen, in denen etwas schiefgelaufen ist. Das Scheitern zwingt uns, neue Wege zu gehen und über den Tellerrand hinauszuschauen.

Ein berühmtes Beispiel für ein Rezept, das aus einem Missgeschick heraus entstand, ist die Entstehung der Tarte Tatin. Der französische Apfelkuchen, ist heute ein Klassiker, doch ihre Entstehung verdankt sie einem Fehler. Die Geschichte besagt, dass die Schwestern Caroline und Stéphanie Tatin, die im 19. Jahrhundert ein Hotel in Frankreich betrieben, die Tarte versehentlich erfanden. Eines Tages war Stéphanie beim Backen eines traditionellen Apfelkuchens so abgelenkt, dass sie die Äpfel in der Pfanne zu lange kochen ließ. Um den missglückten Kuchen zu retten, legte sie kurzerhand den Teig oben auf die karamellisierten Äpfel und stellte die Pfanne in den Ofen. Das Resultat war ein umgekehrter Apfelkuchen, der bei den Gästen großen Anklang fand.

Scheitern - Tarte Tatin

Wie die Geschichte der Tarte Tatin zeigt, können Fehler in der Küche oft zu neuen und innovativen Kreationen führen. Der anfängliche Fehler zwang Stéphanie Tatin, kreativ zu werden und eine neue Methode auszuprobieren. Das Resultat war so erfolgreich, dass es zu einem kulinarischen Klassiker wurde.

"Kreativität beinhaltet das Brechen etablierter Muster, um die Dinge auf unterschiedliche Weise zu betrachten."

Edward de Bono

Fehler fördern unsere Kreativität, indem sie uns dazu anregen, neue Wege zu gehen und unerwartete, oft geniale Lösungen zu finden.

Der Weg zu authentischem Erfolg

Echter Erfolg basiert nicht auf der Vermeidung von Fehlern, sondern auf der Fähigkeit, aus ihnen zu lernen und sich kontinuierlich zu verbessern. Wenn wir unsere Fehler akzeptieren und aus ihnen lernen, entwickeln wir eine authentische Erfolgsstrategie, die auf echtem Wachstum und echter Erfahrung basiert. Dieser Ansatz führt zu nachhaltigem Erfolg und persönlicher Erfüllung.

Scheitern und Fehler machen sind unvermeidliche Bestandteile des Lebens. Sie sind keine Hindernisse, sondern Sprungbretter auf dem Weg zu wahrem Erfolg. Indem wir das Stigma des Scheiterns überwinden und die Lektionen annehmen, die Fehler uns lehren, können wir ein erfüllteres, kreativeres und widerstandsfähigeres Leben führen. Also, scheitern Sie mutig und lernen Sie aus jedem Fehler. Denn in jedem Misserfolg liegt das Potenzial für noch größeren Erfolg.

Aus Wut wird Mut. Raus aus der Lethargie.

Es gibt zwei Arten, wütend zu sein. Eine kann das Leben ruinieren. Die andere kann es retten. In den letzten Jahren haben viele wahrscheinlich beide Arten von Wut gespürt. Das ist an sich in Ordnung. Wichtig ist jedoch, die beiden unterscheiden zu können, denn destruktive Wut mit konstruktiver zu verwechseln kann großen Schaden zufügen.

Zwei Arten von Wut

Dante Alighieri beschreibt in der Göttlichen Komödie, eine fiktive Reise durch die Hölle (das Inferno) und hinauf in den Himmel (das Paradies). Nahe dem Grund des Infernos trifft Dante auf einen Fluss aus kochend heißem Blut. Er ist voller Menschen, die ein Leben geführt haben, das von ihrer eigenen Gewalt dominiert war. Sie schwimmen herum, hassen ihre Situation und einander, und versuchen, sich gegenseitig die Gesichter abzubeißen. Nennen wir diese Art „blinde Wut“.

Später, nachdem Dante das Inferno ganz durchquert hat und auf dem Weg zum Paradies ist, begegnet er einer anderen Art von Wut. Verschiedene weise Seelen lehren ihn, mit Ungerechtigkeit oder Problemen umzugehen, indem sie Probleme wahrnehmen, freie Entscheidungen treffen, Informationen sammeln und handeln, um störende Situationen zu ändern. Nennen wir dies „erkennende Wut“.

Das blindwütige Gehirn

Es gibt einen ziemlich primitiven Teil unseres Gehirns, der in den „Kampfmodus“ umschaltet, wenn wir uns bedroht fühlen – selbst wenn die Bedrohung nur eingebildet ist oder dadurch entsteht, dass jemand, dem wir vielleicht niemals begegnen werden, anderer Meinung ist, als wir selbst.

Übernimmt dieses Gehirnareal die Kontrolle, werden wir immer wütender. Es kann sein, dass wir uns mit anderen, „Gleichgesinnten“ zusammentun, unsere Wut teilen und uns in eine regelrechte Raserei hineinreden. Blinde Wut kann normalerweise völlig unauffällige Menschen in einen mörderischen Mob verwandeln.

Treibt uns diese Art von Wut an, wissen wir, dass wir recht haben und nichts kann uns umstimmen. Dieser Teil des Gehirns hat keinen Zugang zur Logik, widersprechende handfeste Beweise können genau das Gegenteil bewirken, denn es geht einzig um die glühend heiße Überzeugung.

Das erkennende Gehirn

Während blinde Wut nur schnell urteilt, geht es bei erkennender Wut darum, sorgfältig zu urteilen. Wir werden neugierig. Was ist wirklich passiert? Warum denkt der andere so und was steckt dahinter? Warum denke und fühle ich selbst so?

Das lässt unerwartete Informationen finden, eröffnet neue Perspektiven, ermöglicht Mitgefühl und schenkt kreative Lösungen für beide Seiten eines Problems. Natürlich, der unmittelbare Kick, den uns das Gefühl der Selbstgerechtigkeit schenkt, fehlt: die Freude, einen bösen Post zu schreiben, zu schimpfen oder zu klatschen. Doch der Rausch ist kurz. Erkennende Wut hingegen schenkt uns die Art von Energie, die wir aus gesunder Nahrung beziehen. Sie macht unser Leben – und die Welt – besser.

Blinde oder erkennende Wut?

In der Hitze des Gefechts mag es schwierig sein, zu erkennen, welche Art von Wut wir empfinden. Hier sind ein paar Kriterien, die hilfreich sein können, zu bestimmen, was gerade bei uns abläuft:

Blinde WutErkennende Wut
Urteilt schnell und impulsiv.Wägt sorgfältig ab.
Badet in der eigenen Wut.Trachtet danach, die Wut zu reduzieren.
Es gibt die Anderen. „Wir gegen sie.“Alle Menschen sind verbunden.
Hat Wissen und Wahrheit gepachtet.Sucht nach neuen Informationen.
Hat kein Interesse an Einfühlungsvermögen.Ist empathisch und mitfühlend.
Besteht auf Unfehlbarkeit.Zweifelt und kann Fehler eingestehen.

Sich gemäß der linken oder der rechten Spalte zu verhalten, kann den Unterschied zwischen einem Inferno und dem Weg zu Paradies ausmachen. Wie transformiert man aber seine blinde Wut?

Der Wandel von destruktiv zu konstruktiv

Schritt eins: Blinde Wut erkennen

Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass man sich darin befindet. Irgendwann erkennt man vielleicht, dass die Momente manischer Freude, wenn jemand Leid erfährt, auf den wir wütend sind, nur kurz sind und uns schaden, anstatt glücklich zu machen.

Schritt zwei: Auf unsere Werte konzentrieren

Der Psychologe Steven Hayes entdeckte, dass wir unsere „Kampf“-Reaktion abschalten, wenn wir aufhören, uns auf die „Schlechtigkeit“ anderer Menschen zu konzentrieren, und stattdessen unsere eigenen Werte betrachten.

Er schlägt vor, unsere Werte zu definieren, indem wir ein Verb und ein Adverb, kombinieren. Diese Zwei-Wort-Kombination sollte einen Wert zusammenfassen, den wir leben möchten: Bedingungslos lieben, ständig suchen, inspirierend lehren oder was auch immer passend ist.

Übung: Welche Verb & Adverb Kombination beschreibt einen Wert, den Sie gerade haben?

Schon das Nachdenken darüber und das Suchen nach den eigenen Werten, kann bewirken, dass die Wut sich verändert.

Schritt drei: Etwas Nützliches schaffen

Übung: Sobald der eigene Wert definiert ist, fragen Sie sich: "In Bezug auf das, was mich so aufregt, was ist das Nützlichste, was ich schaffen kann?"

Lassen Sie die Antwort ganz von selbst kommen, ohne sich zu sehr zu verkopfen. Hören Sie stattdessen darauf, was Ihr Herz Ihnen vorschlägt. Ob Sie nun Müll im Wald sammeln oder Ihre vegetarischen Rezepte öffentlich zugänglich machen, eine Lesegruppe gründen, Ihre Nachbarn am Wochenende zum gemeinsamen Resteessen einladen, verwilderte, öffentliche Flächen zum freien Ernten bepflanzen, ein Repair Café ins Leben rufen ist völlig egal.

Vom Zerstören zum Erschaffen

Energie von blinder Wut in erkennende Wut zu transformieren, ist der Schlüssel für ein besseres Leben für uns selbst und für eine bessere Welt für uns alle. Einerlei, welche Meinungen wir haben, dieser Prozess des Wandels ist der Unterschied zwischen Himmel und Hölle, zwischen Krieg und Frieden. Lassen Sie uns Probleme mit Entdeckergeist untersuchen und alles schaffen, was wir können, um sie zu lösen, anstatt unsere Energie darauf zu verwenden, die „Anderen“ abzuwerten und anzugreifen.

Sie wünschen sich Inspiration in einer kreativen Gruppe? Dann ist vielleicht ein Dialog mit Respekt das Richtige für Sie. Sie tun sich schwer mit dem Weg von der blinden Wut in die erkennende Wut und fallen dabei vielleicht sogar in lähmende Lethargie? Dann lassen Sie uns Ihre Stärken und Talente im persönlichen Gespräch entdecken.

Literatur

Beck, M. (2021). The Two Angers. Zugriff am 23. Juni 2024. Verfügbar unter: https://marthabeck.com/2021/02/the-two-angers/

Hayes, S. C. (2005). Get Out of Your Mind and Into Your Life: The New Acceptance and Commitment Therapy. New Harbinger Publications.

Bienen für den Frieden: Eine Schwärmerei

Sonnwend rückt näher. Die Wildrosen stehen in voller Blüte und verströmen ihren betörenden Duft. Die alten Linden haben das Festtagsbuffet für die Bienen eröffnet. In der Waldlichtung schwirrt und summt es. Die laue Sommerluft vibriert über den wogenden Gräsern. Das Leben ufert aus. So wie die drei Bienenvölker, die in den letzten Tagen geschwärmt sind und nun hier am Waldrand ihre neue Heimat gefunden haben. Ich schließe die Augen und überlasse mich dem Tanz der Natur. Freude, Friede, Schaffensgeist.

Bienen am Flugloch

Das Bienenvolk fasziniert Naturwissenschaftler, Philosophen und Soziologen seit Jahrhunderten. Als hochorganisiertes soziales System bietet es uns Einblicke in Kooperation, Arbeitsteilung, Kommunikation und Gemeinschaftsleben. Diese strukturierten und funktionalen Aspekte des Bienenstaats, wie Altruismus, Kollektive Intelligenz, Resilienz und Anpassungsfähigkeit, soziale Hierarchie und Führung können als Modell dienen, um menschliche Gesellschaften zu verstehen und zu verbessern.

Doch darum wird es in diesem Artikel nicht gehen. Auch nicht um die symbolische Bedeutung der Bienen im spirituellen Kontext oder die faszinierende Geometrie des Bienenstocks, insbesondere der sechseckigen Waben.

Bienen können auf noch ganz andere Weise in diesen turbulenten Zeiten zur Konfliktlösung und Stabilität beitragen. Die kleinen Bestäuber spielen nicht nur eine entscheidende Rolle in unseren Ökosystemen, sondern könnten auch wesentlich zur Konfliktlösung, Ernährungssicherheit, Stärkung gefährdeter Gruppen und sogar zur Diplomatie beitragen.

Bienen auf Wabe

Die Rolle der Bienen bei der Konfliktlösung

Bienenprojekte können als Katalysatoren für den Frieden dienen, indem sie gemeinschaftliche Bindungen stärken und wirtschaftliche Chancen schaffen. In Regionen, die von ethnischen oder politischen Spannungen betroffen sind, bringen gemeinschaftliche Imkerei-Projekte Menschen unterschiedlicher Hintergründe zusammen. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es, Vorurteile abzubauen und gegenseitiges Verständnis zu fördern. Ein beeindruckendes Beispiel ist das „Hive Uganda„-Projekt, das Gemeinschaften unterstützt, durch Imkerei wirtschaftlich unabhängig zu werden und gleichzeitig soziale Kohäsion zu fördern.

Ernährungssicherheit durch Bestäubung

Bienen sind unerlässlich für die Bestäubung vieler Nutzpflanzen, die unsere Ernährungssicherheit garantieren. Ohne Bienen würde die Produktion von Obst, Gemüse und Nüssen drastisch sinken, was zu Ernährungsengpässen und erhöhten Lebensmittelpreisen führen würde. Durch die Förderung der Imkerei und den Schutz von Bienenpopulationen können Gemeinschaften ihre landwirtschaftliche Produktivität und Ernährungssicherheit verbessern. Projekte wie „Bees for Development“ haben in vielen Ländern gezeigt, dass die Unterstützung von Kleinbauern bei der Imkerei zu einer stabileren Nahrungsmittelversorgung führt und gleichzeitig das Einkommen erhöht.

10 positive Effekte, wie Bienen das Leben verbessern können:

Bienen erhalten die Artenvielfalt. Durch die Pflege der Bienen kümmern wir uns um unsere Umwelt.

Bienen sorgen für gute Bestäubung: Das bedeutet eine Verbesserung der Ernteerträge und Gewinne für Landwirte.

Honig und Bienenwachs werden in jeder Gesellschaft geschätzt und generieren ein lohnendes Einkommen.

Die Produkte von Bienen liefern Medikamente, zum Beispiel Honig für die Wundpflege und Propolis, das antibakterielle und antimykotische Eigenschaften hat.

Bienenstöcke können aus lokalen Materialien hergestellt werden – sie können kostengünstig oder sogar kostenlos sein. Bienenschwärme sind oft frei verfügbar. Sinnvollerweise werden lokale Bienenarten verwendet.

Imkern muss nicht zeitaufwändig sein und geht neben der Zeit, die in der Kinderbetreuung oder Landwirtschaft gebraucht wird.

Bienen finden ihre eigene Nahrung, indem sie blühende Pflanzen suchen, wo immer sie wachsen. Daher ist die Imkerei auch für Landlose möglich.

Die Produkte der Bienen: Honig, Bienenwachs, Pollen und Propolis können verwendet werden, um wertvolle Sekundärprodukte herzustellen – das schafft Einkommensspielmöglichkeiten für mehr Menschen.

Imkerei ermöglicht Einkommensgenerierung ohne Zerstörung des Waldes oder eines anderen Lebensraums. Darüber hinaus bietet Bienenschutz einen finanziellen Anreiz zum Schutz des Lebensraums.

Imkerei ist die perfekte selbsterhaltende Aktivität. Durch die Bestäubung von blühenden Pflanzen ernähren sich die Bienen selbst und sichern für zukünftige Generationen Nahrung. Auf diese Weise wird die Artenvielfalt erhalten.

Bienen im Schwarm

Stärkung armutsgefährdeter Gruppen

Imkerei bietet insbesondere armutsgefährdeten Gruppen wie Frauen und Jugendlichen in ländlichen Gebieten eine Einkommensquelle und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Durch gezielte Schulungsprogramme können diese Gruppen die Fähigkeiten erwerben, die sie benötigen, um erfolgreich in der Imkerei tätig zu sein. Ein bemerkenswertes Projekt ist „African Women in Beekeeping„, das Frauen in afrikanischen Ländern Ausbildung und Unterstützung bietet, um durch Imkerei finanziell unabhängig zu werden.

Diplomatie und internationale Zusammenarbeit

Die Imkerei kann auch als Instrument der Diplomatie dienen. Durch den Austausch von Wissen und bewährten Praktiken im Bereich der Bienenzucht können Länder und Gemeinschaften grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Internationale Konferenzen und Netzwerke wie „Apimondia“ fördern den globalen Austausch und die Zusammenarbeit im Bereich der Bienenzucht, was zu einem besseren Verständnis und einer stärkeren globalen Zusammenarbeit führen kann.

Ökologische und soziale Widerstandsfähigkeit

Bienen tragen zur ökologischen Widerstandsfähigkeit bei, indem sie zur Biodiversität und zur Gesundheit unserer Ökosysteme beitragen. Ein starkes Ökosystem kann besser mit den Herausforderungen verschiedenster Umweltprobleme umgehen. Durch innovative Bestäuberprojekte können lokale Gemeinschaften nicht nur ihre Umwelt schützen, sondern auch soziale und wirtschaftliche Stabilität erreichen. Projekte wie „The Honeybee Conservancy“ fördern nachhaltige Bienenzucht und den Schutz von Bestäubern weltweit. Mellifera ist ein deutsches Projekt, das sich der wesensgemäßen Bienenhaltung und der Gestaltung ihrer Lebensräume widmet.

Bewusstsein und Förderung bewährter Verfahren

Um das Bewusstsein für die wichtige Rolle der Bienen zu schärfen, sind Bildung und Öffentlichkeitsarbeit entscheidend. Schulen, Gemeinden und Regierungen sollten Programme unterstützen, die die Bedeutung der Bienen und der Imkerei hervorheben. Der Austausch bewährter Verfahren durch internationale Netzwerke und Organisationen kann lokale Gemeinschaften weltweit dabei unterstützen, von erfolgreichen Modellen zu lernen und sie anzupassen.

Bienen sind weit mehr als nur Bestäuber; sie sind Friedensstifter, Ernährer und Vorbilder für Zusammenarbeit und Widerstandsfähigkeit. Indem wir Bienen und die Imkerei fördern, können wir einen positiven Beitrag zur Konfliktlösung, Ernährungssicherheit, Stärkung gefährdeter Gruppen und internationalen Diplomatie leisten. Lassen Sie uns in diesen turbulenten Zeiten gemeinsam daran arbeiten, das Bewusstsein für die Bedeutung der Bienen zu schärfen. Schützen Sie die heimischen Bienen, indem Sie Blühpflanzen setzen, die als Nektar- und Pollenquelle dienen. Verzichten Sie konsequent auf chemische Pestizide und Herbizide, auch solche, die sich auf Pflanzen befinden, die man in Gärtnereien erwerben kann. Nehmen Sie an Workshops teil oder schauen Sie einem befreundeten Imker über die Schulter. Denken Sie auch an Wildbienen und lassen Sie Bereiche mit Totholz und Geäst im Garten zu, die bodenbrütenden Arten eine Nistmöglichkeit bieten.

To make a prairie it takes a clover and one bee,
One clover, and a bee,
And revery.
The revery alone will do,
If bees are few.

Emily Dickinson

Es braucht nicht viel für ein blühendes Leben. Eine Biene. Etwas Klee. Und etwas Schwärmerei.

Aber selbst wenn der Klee rar ist und der Bienen wenig, tuts die Kraft des Träumens, um an der Wirklichkeit zu bauen, die man sich wünscht.

Jeans: ein Wandel des Protests – vom Zerfetzen zum Flicken

Einst zerfetzt, heute liebevoll geflickt: Jeans haben eine reiche kulturhistorische Bedeutung, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt und verschiedene soziale, politische und kulturelle Bewegungen widerspiegelt.

zerrissene Jeans

Arbeitskleidung und Robustheit

Jeans wurden ursprünglich im späten 19. Jahrhundert als robuste Arbeitskleidung für Goldgräber, Cowboys und Fabrikarbeiter entwickelt. Levi Strauss und Jacob Davis erfanden die Jeans, um den Bedürfnissen dieser Arbeiter gerecht zu werden. Die Robustheit der Hosen war entscheidend, und das Flicken war eine notwendige Praxis, um die Lebensdauer der Kleidung zu verlängern.

1950er Jahre: Rebellion und Jugendkultur

In den 1950er Jahren wurden Jeans zum Symbol der Rebellion gegen die etablierte Ordnung, vor allem durch Filme wie „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ mit James Dean. Das Tragen von Jeans, ob geflickt oder nicht, wurde zum Ausdruck einer neuen, unabhängigen Jugendkultur, die sich gegen die traditionellen Werte der Nachkriegszeit stellte.

1960er und 1970er Jahre: Hippie- und Punk-Bewegung

In den 1960er Jahren wurden geflickte und verzierte Jeans zum Markenzeichen der Hippie-Bewegung. Die Hippies verwendeten Patches, Stickereien und andere kreative Elemente, um ihre Kleidung zu personalisieren und ein Statement gegen den Konsumismus und für Frieden und Liebe zu setzen.

In den späten 1970er Jahren übernahm die Punk-Bewegung zerrissene Jeans als Teil ihrer ästhetischen und politischen Rebellion. Bands wie die Sex Pistols und The Ramones trugen sie als Ausdruck von Anti-Establishment und Nonkonformismus. Die Risse und Löcher symbolisierten eine Ablehnung der bürgerlichen Ordnung und die Desillusionierung gegenüber der Gesellschaft.

1980er Jahre: Mainstream und Kommerzialisierung

In den 1980er Jahren wurden zerrissene Jeans zunehmend kommerzialisiert und fanden ihren Weg in die Mainstream-Mode. Designer begannen, zerrissene Jeans zu produzieren, was zu einer Entpolitisierung des ursprünglichen rebellischen Symbols führte.

Jeans stonewashed

1990er Jahre: Grunge-Bewegung und Alternative Rock

In den 1990er Jahren wurden zerrissene Jeans durch die Grunge-Bewegung erneut populär. Bands wie Nirvana und Pearl Jam trugen sie als Teil ihres unprätentiösen und gegenkulturellen Stils. Der Grunge-Look war eine Absage an die glamouröse Mode der 1980er Jahre und stand für Authentizität und eine raue Ästhetik.

2000er und 2010er Jahre: Retro-Trends und Individualität

In den 2000er und 2010er Jahren erlebten zerrissene und geflickte Jeans ein Comeback als Retro-Trend. Sie wurden von einer neuen Generation entdeckt und individualisiert. Der DIY-Geist kehrte zurück, wobei Menschen ihre Hosen selbst zerrissen oder flickten, um ihre Individualität und Kreativität auszudrücken.

Nachhaltigkeit und Ethik

In den letzten Jahren hat die Nachhaltigkeitsbewegung das Flicken von Jeans wiederbelebt. Angesichts der Umweltprobleme durch die Fast-Fashion-Industrie sind geflickte Jeans zu einem Symbol für nachhaltigen Konsum und bewusste Lebensweise geworden. Menschen flicken ihre Jeans, um deren Lebensdauer zu verlängern und Ressourcen zu schonen.

Jeans flicken

Kulturelle Aneignung und Globalisierung

Mit der Globalisierung hat sich die Mode der zerrissenen und geflickten Jeans weltweit verbreitet. Sie ist nicht mehr auf bestimmte kulturelle oder soziale Gruppen beschränkt, sondern wird in verschiedenen Kontexten und Kulturen getragen. Dies führt auch zu Diskussionen über kulturelle Aneignung und die Bedeutung von Mode in verschiedenen kulturellen Kontexten.

Geflickte und zerrissene Jeans sind somit nicht nur Kleidungsstücke, sondern tragen eine Vielzahl von kulturellen, sozialen und politischen Bedeutungen in sich, die sich über die Jahrzehnte entwickelt haben.

Interessant ist der Übergang vom Zerstören der Jeans, der auch von der Modeindustrie aufgegriffen wurde (etwa mit den Stonewashed Jeans), zum liebevollen Flicken von „Jeans fürs Leben“. Damit wandelte sich auch die Art des Protests.

  1. Kritik an Konsum und Wegwerfkultur: Geflickte Jeans sind ein starkes Statement gegen die Wegwerfkultur. Indem man beschädigte Kleidung repariert und weiterträgt, wird die Praxis des bewussten Konsums und der Nachhaltigkeit betont, anstatt auf schnelle, billige und kurzlebige Mode zu setzen.
  2. Wertschätzung und Wiederverwendung: Das Flicken kann eine Botschaft der Wertschätzung und Wiederverwendung von Ressourcen senden. Es zeigt, dass Kleidung, auch wenn sie beschädigt ist, noch einen Wert hat und nicht sofort weggeworfen werden sollte. Dies richtet sich gegen die Verschwendung und die negativen Umweltfolgen der Modeindustrie.
  3. Selbstbestimmung und Individualität: Geflickte Jeans können auch Individualität und Kreativität ausdrücken. Das Reparieren von Kleidung ist ein persönlicher und kreativer Akt, der die Fähigkeit zur Selbstbestimmung und zur Ablehnung standardisierter, massenproduzierter Mode zeigt. Es kann ein Zeichen dafür sein, dass man sich von gesellschaftlichen Normen und Erwartungen befreien will.
  4. Solidarität und sozioökonomische Aussagen: Das Tragen von geflickten Jeans kann Solidarität mit Menschen ausdrücken, die sich keine neue Kleidung leisten können. Es kann auch eine Kritik an sozialen Ungleichheiten und der Diskrepanz zwischen Arm und Reich sein. Indem man bewusst geflickte Kleidung trägt, kann man auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, soziale Gerechtigkeit und gleiche Chancen für alle zu fördern.

Zusammengefasst sind geflickte Jeans viel mehr als reparierte Kleidung: Sie sind eine Protestaktion visueller und symbolischer Art, um verschiedene wichtige Themen anzusprechen, darunter Nachhaltigkeit, Kritik an der Konsumkultur, soziale Gerechtigkeit und die Feier von Individualität und Kreativität.

Sie möchten tiefer in die Welt des Flickens eintauchen? Dann lassen Sie uns bei einem der nächsten Repair Café plaudern:

Der Trend aus dem heimischen Wohnzimmer oder dem Repair Café findet auch immer mehr Einzug in kleine Handwerksbetriebe, die auf diese Weise Einzelstücke kreieren. Etwa Kapujeans aus Österreich. Die Basisjeans sind von den ikonischen Marken Levis, Lee, Wrangler oder Mustang aus zweiter Hand. Die Flicken stammen von getragenen Kleidungsstücken. Die Unikate erzählen jeweils eine eigene Geschichte. Die Nähte werden mit hochwertigen Baumwollgarnen gefertigt.

Jeans sind nicht nur Alltagskleidung. Sie können ein Statement sein.

Demokratie neu denken. Die stille Revolution.

Sie vermuten richtig: Das wird ein politischer Artikel. Und das ist verwunderlich, denn um dieses Thema mache ich üblicherweise einen großen Bogen. Ich habe überhaupt keine Lust, über Politik oder Demokratie zu schreiben, weil darüber wohl alles gesagt und geschrieben wurde, was gesagt werden muss. Viel lieber schreibe ich darüber, wie Menschen herausfinden, was sie gut können und gerne tun und damit persönlich wachsen, wertvolle Mitglieder der Gesellschaft werden und ihren Beitrag dazu leisten, unseren Planeten zu schützen. Aber wie soll man darüber schreiben, während das Fundament bereits von Wellen umspült wird und dem Gebäude der Einsturz droht?

Die Debatte darum, wer welcher Partei in Österreich bei der heuer anstehenden Nationalratswahl die Stimme geben wird, verursacht mir Bauchgrimmen und scheint eine Wahl des kleineren Übels zu werden. Denn wem wollte man noch sein Vertrauen schenken?

Das Hauptproblem der aktuellen Demokratien scheint der zunehmende Machtverlust der Bürger gegenüber der Staatsmacht zu sein. Die Menschen fühlen sich ausgeschlossen, betrogen und bestohlen. Umfragen zeigen, dass der überwiegende Teil der Öffentlichkeit in den westlichen Ländern Europas der Meinung ist, dass politische Parteien korrupt sind. Und damit haben wir ein weiteres schwerwiegendes Problem, denn es stellt sich zudem die Frage, wie viel Macht unsere Regierungen eigentlich noch haben.

Aber was soll man tun? Gar nicht mehr wählen gehen? Das Ansinnen ist durchaus verständlich und weshalb sollte man nicht auch das Recht haben politisch zu streiken? Das Problem lässt sich mit dieser Verweigerungshaltung allerdings nicht lösen.

Fragen und Zuhören – aber richtig

Es ist an der Zeit, neue Wege zu finden, um die Stimme des Volkes zu hören. Im Moment gibt es dafür vor allem Wahlen, Volksabstimmungen und Meinungsumfragen. Aber dort werden keineswegs die richtigen Fragen gestellt. Was nützt es, wenn man sich bei der Wahl eines Kandidaten zwischen Teufel und Beelzebub entscheiden oder bei einer Umfrage nur mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen kann?

Stellen Sie sich vor, es ist sechs Uhr abends, eine Mutter bereitet gerade das Abendessen für die Familie zu, die Kinder rufen nach Hilfe bei den Hausaufgaben, quengeln, weil sie lieber noch draußen spielen würden, der Vater ist geschafft von einem stressigen Arbeitstag und in diesem Moment klingelt das Telefon. Das Meinungsforschungsinstitut möchte, dass man sich unvorbereitet zu einem Thema äußert, von dem man meist ohnehin nicht viel weiß. „Was denken Sie über die Neuerungen in der Asylpolitik?“ „Äh, … keine Ahnung. Ich bin dagegen.“ Auf diese Weise werden tausende Personen befragt und die Ergebnisse fließen in die politischen Entscheidungen mit ein.

Viel interessanter, als zu wissen, was Menschen denken, wenn sie nicht denken, wäre, was sie zu sagen haben, wenn sie die Gelegenheit haben, sich mit dem Thema zu befassen. Das Instrument dafür könnte die Deliberative Demokratie sein. Bei diesem Verfahren werden Bürger zu einem Treffen mit Fachleuten eingeladen, um sich umfassend zu informieren, auszutauschen und zu diskutieren. Danach (und manchmal zum Vergleich auch davor) werden sie nach ihrer Meinung gefragt. Und diese Antworten sind wesentlich differenzierter und wohlüberlegt.

Gibt es das schon irgendwo? Ja, beispielsweise im Erdölstaat Texas, mit erstaunlichem Ausgang. Bei einer Fachtagung mit ausgelosten Bürgern wurde die Frage gestellt: „Würden Sie eine leicht erhöhte Stromrechnung in Kauf nehmen, damit erneuerbare Energien ausgebaut werden können?“ Wie zu erwarten, hatten wenige Leute Lust dazu. Während der Tagung, bei der es zahlreiche Informationen zu umweltfreundlichen Energien, Klimawandel, Umweltzerstörung, etc. gab, stieg die Zahl derer, die bereit waren etwas mehr zu zahlen, ständig. Heute ist Texas der amerikanische Bundesstaat mit den meisten Windrädern. Wie wäre die Entscheidung wohl gefallen, wäre diese Frage allein von den gewählten Politikern besprochen worden, die natürlich die Interessen der Erdölindustrie miteinbezogen hätten?

Wie könnte ein Ausblick in die Zukunft aussehen? Im Westen kennen wir die Demokratie schon seit 3000 Jahren, Wahlen hingegen erst seit 200 Jahren. Es gibt zahlreiche demokratische Traditionen, die schon vor den Wahlen bestanden. Vielleicht ist deren Zeit nun vorbei. Der Informationsfluss ist in rasantem Tempo gestiegen, ebenso wie die Zugänglichkeit. Damit ist zum ersten Mal in der Geschichte die Möglichkeit gegeben, die Bevölkerung auf ganz andere Weise zu Wort kommen zu lassen.

Repräsentativ durch das Zufallsprinzip

Eine Möglichkeit ist das Losverfahren, wie es von Schöffengerichten bekannt ist. Es garantiert uneingeschränkt die Norm der Gleichheit aller Teilnehmer. Alle Bürger, ob arm oder reich, weiblich oder männlich, jung oder alt, gesund oder krank, Unternehmer, Beamter oder Arbeiter hätten in der Demokratie die gleiche Chance, durch das Los gezogen zu werden. Kein Teilnehmer könne über eigenes ökonomisches, soziales oder kulturelles Kapital seine Chancen erhöhen, sich Vorteile gegenüber anderen verschaffen und den Ausgang beeinflussen. Natürlich ist das System nicht perfekt, aber die Schöffen nehmen im Allgemeinen ihre Aufgabe sehr ernst und machen sich kundig, ehe sie eine Entscheidung treffen, die sowohl der Justiz als auch der Gesellschaft gerecht wird. Kombiniert man das Losverfahren mit der Deliberativen Demokratie, kommen wesentlich bessere Entscheidungen zustande, als unsere gewählten Parteien sie zu treffen imstande sind.

Ein Beispiel: In Irland wurde 2014 ein Verfassungskonvent veranstaltet. Ein Gelegenheitsparlament, bestehend aus 33 irischen Abgeordneten und 66 ausgelosten Durchschnittsbürgern sowie einem Vorsitzenden beriet sich 14 Monate lang über acht Artikel der irischen Verfassung. Die Diskussionen wurden im Internet übertragen und die Bevölkerung war aufgerufen, sich zu beteiligen und ihre Beiträge zu schicken. Eines der überraschenden Ergebnisse: Im erzkatholischen Irland wurde offiziell empfohlen, den Verfassungsartikel zu ändern, um eine gleichgeschlechtliche Ehe zu legalisieren.

Die isländische Revolution von 2008 war eine beispiellose Bewegung, die aus der globalen Finanzkrise heraus entstand und eine einzigartige Kombination aus Bürgerprotesten, politischem Wandel und dem Einsatz neuer Technologien zur politischen Partizipation darstellte.

Eine der innovativsten Maßnahmen, die während dieser Zeit ergriffen wurden, war die Entscheidung, eine neue Verfassung zu erstellen – eine, die nicht von Politikern oder Experten, sondern von den Bürgern selbst entwickelt wurde. Um dies zu erreichen, nutzte Island Crowdsourcing-Techniken, um Ideen und Vorschläge von Tausenden von Bürgern zu sammeln. Durch Online-Plattformen und öffentliche Versammlungen hatten die Isländer die Möglichkeit, direkt an der Gestaltung ihrer Verfassung teilzunehmen.

Doch wo soll man anfangen? Müssten Maßnahmen wie die Einführung eines Losverfahrens oder einer Deliberativen Demokratie nicht von der politischen Führung selbst in Gang gesetzt werden? Ist die Regierung überhaupt daran interessiert, dass das System sich ändert? Und falls ja, wäre sie in der Lage, das zu tun, entgegen der Interessen von Wirtschaft und Finanz, im Würgegriff der kommerziellen und sozialen Medien?

Dabei wäre Demokratie doch ganz simpel: Bürger setzen sich zusammen, fragen sich, was es für ein gutes Leben braucht und treffen gemeinsam Entscheidungen für die Zukunft der Gesellschaft. Das nennt sich dann übrigens Dialog.

Mündig werden. Sein Schicksal in die Hand nehmen.

Mit zunehmender Kluft zwischen arm und reich wird es mehr und mehr Bürger geben, die „Nein“ sagen, etwa dadurch, dass sie bewusst nicht mehr wählen. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Gruppen, die beginnen, sich selbst zu organisieren, um für demokratische Rechte zu sensibilisieren, neue Regeln für die Gemeinschaft ausarbeiten und anstatt sauer zu sein und zu kritisieren, selbst den Wandel herbeiführen, den sie sich wünschen. Man denke etwa an die verfassungsgebenden Werkstätten oder die kunterbunten Graswurzelbewegungen. Was wir brauchen ist eine Koalition von Menschen guten Willens, sowohl in der Bevölkerung, als auch in der Politik und der Wirtschaft.

Und damit erreichen Gemeinden und Städte einen ganz neuen Stellenwert in der Demokratie als treibende Kräfte. Demokratien haben sich immer schon vom Lokalen zum Globalen entwickelt und dies könnte eine Zeit der Renaissance sein. In Athen hätte wohl kaum jemand geglaubt, dass es eines Tages Demokratien mit einer Milliarde Menschen wie in Indien geben würde.

In Kuttambakkam, einem kleinen Dorf im Bundesstaat Tamil Nadu in Südindien, wurde die bemerkenswerte Geschichte eines selbstverwalteten Dorfes geschrieben. Diese Geschichte zeigt, wie die Bewohner eines Dorfes sich zusammenschließen können, um ihre Gemeinschaft selbst zu regieren, ohne auf externe politische Strukturen angewiesen zu sein.

Die Bewohner von Kuttambakkam wurden lange Zeit von landwirtschaftlichen Problemen, Armut, Müll, Analphabethentum und mangelnder Infrastruktur geplagt. In den späten 1990er Jahren beschlossen sie jedoch, sich dieser Herausforderungen gemeinsam zu stellen und eine neue Form der Selbstverwaltung zu schaffen.

Die Dorfbewohner organisierten sich in Selbsthilfegruppen und begannen, lokale Ressourcen zu nutzen, um die Lebensbedingungen im Dorf zu verbessern. Sie bauten Straßen, Schulen und Brunnen, starteten Programme zur Förderung der Landwirtschaft und verbesserten die Gesundheitsversorgung. Diese Bemühungen waren weitgehend von den Dorfbewohnern selbst finanziert und durchgeführt, wobei sie auf traditionelle Wissenssysteme und kollektive Entscheidungsfindung zurückgriffen.

Ein entscheidender Moment in der Geschichte von Kuttambakkam war die Einführung des Konzepts der Gram Sabhas, lokaler Versammlungen, in denen alle Dorfbewohner zusammenkommen, um über Angelegenheiten zu diskutieren, die ihr Dorf betreffen, und um gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Diese Gram Sabhas wurden zu einem wichtigen Forum für die demokratische Teilhabe der Dorfbewohner und ermöglichten es ihnen, ihre Stimme in lokalen Angelegenheiten zu erheben und ihre eigenen Prioritäten zu setzen.

Durch ihre kollektiven Anstrengungen und ihre Beteiligung an der Selbstverwaltung konnten die Bewohner von Kuttambakkam eine nachhaltige Entwicklung in ihrem Dorf fördern und eine starke Gemeinschaft aufbauen, die auf Solidarität und gegenseitiger Unterstützung basiert. Ihre Geschichte zeigt, wie die Ideale der Selbstverwaltung und der lokalen Demokratie verwirklicht werden können, wenn die Bürger sich aktiv für ihre Gemeinschaft einsetzen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.

Texas. Irland. Island. Indien. Sie haben natürlich recht. Das ist alles so weit weg. Deshalb zuletzt noch ein Beispiel aus unmittelbarer Nähe, nämlich die umtriebige Stadt Lindau, in der ich letzte Woche bei einer Projektschmiede mitdenken durfte. Seit 2018 sind dort etliche Projekte der Bürgerbeteiligung entstanden, die hier dokumentiert sind.

Die stille Revolution

Vielleicht ist das, was gerade auf der ganzen Welt passiert, eine stille Revolution. Millionen von Menschen warten nicht mehr auf eine Genehmigung von oben, sondern krempeln die Ärmel hoch und machen sich an die Arbeit. Gemeinschaftsgärten entstehen, alternative Energiesysteme werden im Selbstbau erstellt, das Schulsystem reformiert, Komplementärwährungen eingeführt, es wird repariert, recycelt, selber gemacht.

Das Problem ist nicht, dass wir die Lösungen für die Probleme im Kleinen und Großen nicht kennen würden. Die Schwierigkeit ist, die Bevölkerung in größerem Umfang zu inspieren und zu motivieren, aktiv zu werden und die Sache in Angriff zu nehmen. Und das bedeutet auch, dass wir wieder lernen müssen zusammen zu arbeiten. Es gibt viele Gruppen von Aktivisten, die sich irgendwann zerstritten haben. Das ermüdet und bringt uns nicht dahin, wo wir hinwollen. Der Wandel erfordert gemeinsame Visionen, Mut etwas zu riskieren, Neues auszuprobieren, einander zu unterstützen, kreativ zu sein, eine lebenswerte Zukunft zu erträumen und miteinander zu feiern. Dragon Dreaming ist (mehr als) eine Methodensammlung, die diese Kompetenzen pflegt und würdigt und dabei lebendige, beflügelnde Projekte entstehen lässt.

Für oder gegen?

Es gibt zwei Arten, seiner Politikverdrossenheit Luft zu machen. Man kann viel Zeit und Energie einsetzen, um zu kritisieren und Kampagnen zu organisieren, die vielleicht irgendwann mehr oder weniger dazu führen, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden.

Oder man könnte sagen, wie Rob Hopkins es ausdrückt: „Macht doch einfach was ihr wollt. Aber seid euch darüber im Klaren, dass es überall auf der Welt Leute gibt, die anfangen so zu leben, wie es für ein gutes Leben für alle notwendig ist. Und während sie das tun, knüpfen sie Freundschaften, haben Spass, gründen Unternehmen, essen gut, trinken selbstgebrautes Bier, zahlen für ihren Strom weniger und fühlen sich als Teil einer historischen Bewegung. Ihr könnt euch dafür einsetzen diesen Prozess zu unterstützen, aber macht einfach was ihr wollt, denn es passiert mit oder ohne euch. Es ist eine stille Revolution. Und wenn euer Herz es befiehlt: Dann macht doch einfach mit.“

(Dieser Artikel ist übrigens inspiriert von einem Kinobesuch am Spielboden entstanden. Schon der Auftakt zum Film war bemerkenswert, denn die beiden Mitorganisatoren haben ganz unterschiedliche Ansätze, die Welt zu verändern: die einen protestierend, die anderen unterstützend. Grund genug einander in die Haare zu geraten. Aber statt dessen gab es eine wertschätzende Vorstellung der beiden Ansätze. Sowohl der Film wie auch das Buch zum Film sind in der Vorarlberger Landesbibliothek entlehnbar.)

Literatur

Eselbegegnungen: Friede sei mit Dir

Der Esel ist in vielen Kulturen als Sinnbild für Frieden bekannt. Seine friedfertige und bescheidene Natur macht ihn zu einem treffenden Repräsentanten für Harmonie und Ausgeglichenheit.

In der christlichen Tradition gilt der Esel als Symboltier für Demut und Sanftmut. Einer der spektakulärsten Ritte der letzten zwei Jahrtausende war wohl der Einzug von Jesus nach Jerusalem. Der gerechte, demütige Friedensfürst reitet nicht etwa säbelrasselnd auf einem mächtigen, waffenstrotzenden Streitross ein, sondern ganz unkonventionell und konsequent wählt er eine sanfte Eselin und ihr Fohlen. Diese Wahl symbolisiert nicht nur Bescheidenheit, sondern auch den Wunsch nach einem friedlichen Miteinander und archetypisch weiblicher Kraft.

The fresco of the Entry of Jesus in Jerusalem (Palm Sundy) in Duomo by Lattanzio Gambara (1567 – 1573)

Milde, Mitgefühl, Nächstenliebe, Friedfertigkeit sind die revolutionären Botschaften des neuen Königs. Passend zu diesen scheinbar schwachen Verhaltensformen steht ein Tier, das für seine enorme Belastbarkeit bekannt ist und den Weg der Gewaltlosigkeit wählt (indem es sich widerstandslos prügeln lässt und nicht Gewalt mit Gewalt beantwortet).

Die friedliche Natur des Esels zeigt sich in seinem gemächlichen Gang und seiner Gelassenheit. Anders als andere Tiere, die oft als kriegerisch oder streitlustig betrachtet werden, verkörpert der Esel Ruhe und Toleranz.

Darüber hinaus wird der Esel als Symbol für die Verbindung zwischen Mensch und Natur angesehen. Seine enge Bindung zu seinem Umfeld und seine Fähigkeit, auch in schwierigem, kargem Gelände genügsam zu überleben, machen ihn zu einem Vorbild für ein harmonisches Zusammenspiel von Mensch und Natur.

In der heutigen Zeit, in der Konflikte und Spannungen weltweit an der Tagesordnung sind, erinnert uns das Symbol des Esels daran, dass Frieden nicht nur das Fehlen von Krieg bedeutet, sondern auch eine innere Haltung des Respekts, der Toleranz und des Mitgefühls erfordert. Der Esel ermutigt uns, uns mit unserer eigenen friedvollen Natur zu verbinden und nach einem harmonischen Miteinander zu streben.

Eselbegegnungen können uns daran erinnern, dass wir alle Teil eines größeren Ganzen sind und wir durch unser gemeinsames Handeln und Verständnis eine friedlichere Welt schaffen können. Die sanfte Natur des Esels inspiriert, den Weg des Friedens zu gehen und uns gegenseitig mit Freundlichkeit zu begegnen.

„Wie oben, so unten, wie innen, so außen“ lautet das Prinzip der Analogie aus dem Kybalion, der Lehre der sieben hermetischen Gesetze. Das Gesetz besagt, dass alles, was einem Menschen im Außen begegnet, eine Reaktion auf das ist, was in seinem Inneren ist.

Der Weg von inneren Konflikten und Unfrieden führt geradewegs zu Aggression und Gewalt. Indem wir unseren inneren Frieden fördern, tragen wir dazu bei, dass weniger Gewalt in der Welt stattfindet. Friedliche Menschen neigen dazu, gewaltfreie Konfliktlösungen zu bevorzugen und setzen sich für eine friedliche Gesellschaft ein.

Eselbegegnungen lehren uns, dass Gewalt oder Kontrollmechanismen nicht notwendig sind, um eine Beziehung aufzubauen oder ein Ziel zu erreichen. Stattdessen lassen sie erspüren, dass Geduld, Vertrauen und Respekt effektive Mittel sind, um eine harmonische Verbindung zu den Eseln herzustellen. Dadurch kann die Angst vor Kontrollverlust reduziert werden, da man erkennt, dass friedliche und respektvolle Methoden erfolgreicher sind.

Innerer Frieden ist eine grundlegende Voraussetzung, um dauerhaften äußeren Frieden in der Welt zu erreichen. Menschen, die inneren Frieden gefunden haben, können zu einer positiven Veränderung in der Gesellschaft beitragen und eine Welt mit weniger Konflikten und mehr Harmonie fördern.

Eselbegegnungen

In der Begegnung mit den Eseln treffen wir auf inneren Frieden. Esel lassen sich nicht beeindrucken von der Rastlosigkeit und Getriebenheit, viel schnell erreichen zu müssen, der unbedingten Vorstellung, die Kontrolle behalten zu müssen, jederzeit auf Knopfdruck zu funktionieren und der Annahme, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben.

Stattdessen orientieren sie sich daran: Was macht Sinn? Was ist Unsinn? Muss alles ständig verfügbar sein?

Die Angst vor Kontrollverlust ist eine tief verwurzelte emotionale Reaktion, die in vielen Menschen vorhanden ist. Es ist normal, dass Menschen danach streben, ihre Umgebung zu kontrollieren, um sich sicher zu fühlen. Dennoch kann eine übermäßige Angst vor Kontrollverlust zu Stress, Angstzuständen und anderen psychischen Belastungen führen.

Um mit dieser Angst umzugehen, können verschiedene Strategien helfen, wie Achtsamkeitspraktiken, Selbstreflexion, das Entwickeln von Vertrauen in sich selbst und andere und das Akzeptieren von Veränderung als Teil des Lebens. Es ist wichtig zu erkennen, dass Kontrollverlust nicht immer negativ sein muss und dass es manchmal notwendig ist, Dinge loszulassen und Veränderungen anzunehmen, um inneren Frieden zu finden.

Doch zurück zu den Eseln. Wie sieht denn so eine Eselbegegnung aus, bei der man inneren Frieden gewinnen kann? Wir müssen wohl etwas tun mit ihnen, vielleicht ein Halfter anlegen und sie an den Strick nehmen, ihnen erklären, was zu tun ist und wohin der Weg geht. Da ist Kontrolle gegeben, da erklären wir dem vermeintlich sturen Esel den Tarif, wir gewinnen die Oberhand, wir siegen. Aber kommen da vielleicht auch Bedenken auf? Ist das der richtige Weg? Ist das das richtige Ziel?

Könnte es sein, dass wir vor lauter Vorsicht etwas verstecken und zu verbergen versuchen, das besser nicht an die Oberfläche kommen soll, weil es uns bei einer Begegnung auf Augenhöhe verletzbar machen könnte?

Esel lieben den Frieden. Sie suchen ihn und wenn sie ihn in uns finden, schenken Sie ein Vielfaches davon zurück, potenziert wie eine katalytische Reaktion im Reagenzglas der Emotionen. Während jahrhundertelanger Versklavung haben sie ihre Strategie der Gewaltlosigkeit bewahrt. Ihr Lebenselixier ist die Geborgenheit und der Schutz in der Herde.

Auch wir fürchten ums nackte Sein, egal ob real bedroht oder nicht. Doch die alten reaktiven Muster und scheinbaren Wirklichkeiten führen nur immer noch tiefer in die Abgründe des Krieges und der Gewalt. Die Transformation beginnt leise, sobald wir anfangen, achtsam wahrzunehmen und hinzuschauen, ob das, was uns erschreckt, vielleicht nur Gespenster sind, die uns in Flucht oder Angriff treiben. Wenn wir Zweifel aushalten und innehalten, bis wir unsere ursprüngliche Urteilskraft wiederentdecken, kann sich der Geist beruhigen.

Wenn wir mit den Eseln diesen besonderen Raum teilen, verbunden durch intuitives Wissen, geht es um nichts anderes als innezuhalten und wahrzunehmen. So können beide Seiten abwägen, was sicher und was friedlich ist und einander in einer liebe- und friedvollen Situation begegnen, miteinander eine Umgebung des Friedens schaffen.

Der Friede in mir sei mit dir!

Lesenswertes/Sehenswertes:

Person, Jutta: Esel. Ein Portrait. Naturkunden Nr. 5. Matthes und Seitz. Hamburg, 2013.

James French kreierte die wundervolle „Vertrauenstechnik“, um mit Tieren (und letztlich auch dem Menschen), auf Basis von absoluter Freiheit das Vertrauen herzustellen, das es braucht, um gemeinsam zu liebevoller, friedlicher Koexistenz und wechselseitigem Erblühen zu gelangen.

Sind wir ausgeglichen und in einem wachen und entspannten inneren Zustand, sind wir offen Neues zu lernen – alter Schmerz, auch traumatischer, kann in diesem Zustand heilen – bei Tieren wie Menschen.

https://trust-technique.com/messages-of-trust-yt/

Repair Café – Anstiftung zum Selbermachen

Die Schweiz ist neben Luxemburg unrühmlicher Weltmeister beim Kleider-Shopping. Etwa 20 kg Textilien werden pro Person jedes Jahr gekauft. Kaum zu fassen: Die Hälfte davon landet ungetragen im Altkleidersack.

Wo landet der zweifelhafte Segen? Beispielsweise in Ghanas Hauptstadt Accra wo jeden Tag 160 Tonnen Kleider aus westeuropäischen Kleidersäcken ankommen! Abnehmer gibt es kaum dafür, weshalb sie auf Mülldeponien landen, wo sie verrotten oder verbrannt werden.

Es ist natürlich lobenswert, dass die EU dafür sorgen will, dass Textilien nach qualitativ höheren Standards hergestellt werden und die Umwelt weniger belasten. So soll eine «Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien» bis 2030 eine Kreislaufwirtschaft für alle Textilien im EU-Raum ermöglichen.

Doch was kann jeder einzelne von uns jetzt sofort und mit unmittelbaren Auswirkungen tun? Zahlreiche Ideen dazu finden Sie in diesem Beitrag:

Neben all den Ideen, die jeder für sich persönlich umsetzen kann, gibt es eine, die mir besonders am Herzen liegt und die mein kleiner Beitrag dazu sein wird, dass es ein „gutes neues Jahr 2024“ wird: Ein Repair Café mit Textilwerkstatt.

Repair Cafés sind ehrenamtliche Treffen, bei denen Hilfe zur Selbsthilfe angeboten wird. In geselliger Runde bei Kaffee und Kuchen wird liebgewonnenen Textilien wieder Leben eingehaucht. Fachwissen wird untereinander ausgetauscht. Werkzeuge und Reparaturmaterial teils bereitgestellt, teils mitgebracht. Manchmal sind es nur kleine Dinge, die in Ordnung gebracht werden müssen: ein ausgeleierter Knopf, ein Riss in der Jacke, ein Aufhänger, der abgegangen ist, eine Naht, die sich auflöst, ein Loch in der Socke.

Wer gerade nichts zu reparieren hat, kann auch in der Textilwerkstatt kreativ werden und an einfachen Projekten seine handwerklichen Fähigkeiten erweitern: beim Gestalten von Einkaufstaschen aus Stoffresten oder Textilien, die sich nicht mehr reparieren lassen, beim Besticken von textilen Grußkarten, beim Schnippeln von T-Shirtgarn, beim Stricken von herrlich warmen Pullis aus aufgetrenntem Strickwerk und Wollresten, beim Slow Stiching oder Patchworken, beim Herstellen eines Reparaturkits für zu Hause.

Inspiriert von den Walk-in-Closets, den begehbaren Kleiderschränken, haben wir die Repair Cafés nun um die Möglichkeit des Schenkens und beschenkt Werdens bereichert: Man kann die schönen Kleider, die im Schrank verstauben, zu klein oder zu groß sind oder die einfach nicht mehr gefallen – aber noch gut intakt sind, mitbringen und findet „neue“ Lieblingsstücke. Auch Schuhe, Accessoires, Taschen sind willkommen. Ebenso wie Stoffe, aus denen nie etwas geschneidert wurde, Wolle, Nähgarn, …

Kleinere Änderungen können gleich vor Ort im Repair Café erledigt werden. Schätze, die keinen neuen Besitzer finden, können entweder wieder mitgenommen werden oder gleich gegenüber an das Brockenhaus oder die Caritas gespendet werden.

Neben den offensichtlichen Vorteilen eines Repair Cafés wie Müllvermeidung und Umweltschutz gibt es weitere lohnenswerte Folgeaspekte:

So kann das gelungene Reparieren ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit vermitteln. Es ermutigt zur Übernahme von Eigenverantwortung und fördert eine Kultur des „Selbstmachens“ statt des reinen Konsums. Handwerkliche Fähigkeiten können verbessert, neue Techniken erlernt und altes Wissen wieder ausgegraben werden. Gemeinschaftliches Handarbeiten verbindet Generationen, Kulturen und Menschen mit unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten. Dadurch werden soziale Verbindungen gestärkt, Netzwerke aufgebaut und die Integration gefördert. Eine lokale Identität entsteht.

Nicht zu unterschätzen ist das kreative Element, denn Reparieren, insbesondere „Visible Mending“, Flickwerk, das gesehen werden will, lässt gestalterisch tätig werden und ermuntert, sich künstlerisch ausdrücken. Durch Upcycling können alte oder kaputte Kleidungsstücke in neue einzigartige verwandelt werden. Die Einbindung von lokalen Handwerkern und Künstlern bietet diesen eine Plattform für die Präsentation ihrer Fähigkeiten.

Die Fähigkeit, Kleidung zu reparieren, stärkt das Bewusstsein für die Möglichkeit der Selbstversorgung und Unabhängigkeit und eine Abkehr von der Wegwerfmentalität.

Ressourcen wie Energie, Wasser und Rohstoffe werden gespart, die bei der Herstellung neuer Produkte benötigt würden. Die wachsende Nachfrage nach Reparaturmöglichkeiten kann Unternehmen dazu anregen, langlebigere und reparaturfreundlichere Produkte herzustellen.

Sie sehen schon, ein Repair Café ist ein Gewinn auf allen Ebenen und verspricht zudem eine ganze Menge Spass. Die Welt zu verändern, muss kein Protestmarsch sein. Es kann sich auch wie eine Party anfühlen.

Ob diese Idee ein kleines Nachbarschaftsprojekt wird oder der Beginn einer Vielzahl von Orten des Wandels, an denen mit Mut und Fantasie an einer Zukunft gearbeitet wird, die für uns alle lebenswert ist, liegt in unser aller Händen. Hände, die Lust haben, ihrem Lieblingspulli eine zweite Chance zu geben, hilfreiche Hände, die wissen, wie man beim Sockenstopfen eine Nadel führt, Hände, die gerne Kuchen backen oder Kaffee einschenken, Hände, die gerne fotografieren, um anderen zu zeigen, was man Tolles machen kann, Hände, die dokumentieren, welche spannenden Erkenntnisse man gemeinsam gewonnen hat oder wie viele Kleidungsstücke gerettet werden konnten. Jeder hat besondere Talente, mit denen er sich einbringen kann, um kreativ und positiv einander nicht nur ein gutes neues Jahr zu wünschen, sondern es auch zu verwirklichen.

Aktuell flicken wir von Hand, was den Vorteil hat, dass jeder die neu erworbenen Fähigkeiten auch zu Hause umsetzen kann. Über kurz oder lang würden wir jedoch gerne das Repertoire erweitern auf das Arbeiten mit der Nähmaschine (ab 7.6.24).

Sollten Sie eine ungenutzte Nähmaschine Ihr Eigen nennen, würden wir uns über eine Sachspende freuen und sie zur Freude vieler aus dem Dornröschenschlaf erwecken.

Die nächsten Termine für 2025:

Ich wünschte, ich könnte Ihre Anfragen für weitere Termine 2025 bereits beantworten. Wir sind in Verhandlung mit der Gemeinde Lochau und hoffen baldmöglichst Bescheid geben zu können.

Abonnieren Sie am besten den Newsletter, um auf dem Laufenden zu bleiben.

Inspiration:

Auf diesem Telegram Kanal finden Sie Ideen für die Kunst des sanften, textilen Protests: Slow Fashion, DIY, Ideen für Repair Cafés, Zero Waste, Upcycling, Refashion. (Ich wünschte, es gäbe brauchbare deutsche Worte für diese Begriffe…)

Übung:

Zuletzt noch eine kleine Übung, um bewusst mit seiner Garderobe umzugehen. Hängen Sie dazu am besten ein Blatt Papier in Ihren Kleiderschrank.

Schreiben Sie ein Jahr lang auf, was in Ihren Schrank hineinwandert: 
Hose - neu gekauft, mit/ohne Gütesiegel
Jacke - im Second Hand Laden erstanden
Socken - selber gestrickt, Wolle handgesponnen, pflanzengefärbt, mulesingfree
Mantel - von der Freundin bekommen, der er nicht mehr passt

Notieren Sie ebenso, was Ihren Schrank wieder verlässt:
T-Shirt - ausgeleiert, zu T-Shirt Garn verarbeitet und Topflappen draus gestrickt
Seidentuch - scheußliche Farbe, in den Second Hand Laden gebracht
Pulli - aufgetrennt und mit anderen Wollresten neu verstrickt
Bettwäsche - aus dem Stoff im Repair Café neue Tunika genäht, Rest in Streifen gerissen und bunten Teppich daraus gewebt

Ziehen Sie am Jahresende Bilanz, wie zufrieden Sie sein können, mit Ihrem Umgang mit Textilien.

Literatur:

Wegwerfware Kleidung: Repräsentative Greenpeace-Umfrage zu Kaufverhalten,
Tragedauer und der Entsorgung von Mode
. Abrufdatum 8.1.24. https://www.greenpeace.de/sites/default/files/publications/20151123_greenpeace_modekonsum_flyer.pdf

43 Fakten über Fast Fashion: Abrufdatum 8.1.24. https://endlichfair.de/news/fast-fashion/

Dialog mit Respekt: Wege des Wandels

Wandel
Bei denen, die nach gesellschaftlichem Wandel streben oder ihn herbeiwünschen, macht sich Verzweiflung breit. Ein Mangel an Hoffnung, der mit vielfältigen Formen der Ohnmacht verbunden ist. Sich wiederholenden Leidensmustern. Aufkeimenden Philosophien der Angst und des Hasses. Ganz zu schweigen von gescheiterten Träumen. Wo es einst Gesellschaften gab, die als Modell einer besseren Zukunft, großer Pläne und Utopien dienten, herrschen heute Argwohn und Unmut gegenüber jeder Form von Politik, ein Ohnmachtsgefühl, das an Nihilismus grenzt.

Susan Griffith in "To love the Marigold"

Angesichts des Zustands unserer Welt klingen diese finsteren Aussichten ziemlich überzeugend. Und doch gibt es immer wieder Geschichten, wie sich Dinge auch Angesicht größter Bedrohung zum Guten wenden können.

Etwa in Totnes, einer kleinen Stadt in Devon, in der 2006 ein paar Freunde eine Idee hatten. Sie fragten sich: „Was, wenn der als Reaktion auf die größten Herausforderungen unserer Zeit so dringend benötigte Wandel nicht von der Regierung und der Wirtschaft kommen würde, sondern von dir und mir, von kollaborativen Gruppen? Was, wenn die Antworten nicht in der trostlosen Einsamkeit des Überlebenskampfes und der Isolation liegen würden, in den Zwängen einer skrupellosen Kommerzialisierung oder in dem Traum, dass uns ein wählbarer Retter hoch zu Ross zu Hilfe eilt, sondern in der Rückbesinnung auf die Gemeinschaft?“

Wenn wir auf die Regierungen warten, dann ist es zu spät. Wenn wir als Einzelne handeln, dann ist es zu wenig. Wenn wir aber als Gemeinschaft handeln, wird es vielleicht reichen und geschieht gerade noch rechtzeitig.

Aus diesen Überlegungen wurde die erste „Transition Town“, eine Stadt des Wandels, deren Beispiel inzwischen viele gefolgt sind. Auch in Österreich gibt es Städte des Wandels, etwa in Graz seit 2012 und in Innsbruck seit 2014.

Einen kurzen Artikel über die bewegende Geschichte von Totnes finden Sie hier:

https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/5554-rtkl-transition-town-testfall-totnes

Anschließend an unseren letzten Dialog zum Thema Frieden werden wir uns diesmal damit befassen, wie man erfolgreiche Projekte gestaltet.

Fragen für den Dialog

  • Wenn ich an Unternehmungen in meinem Leben zurückdenke, was sind aus heutiger Sicht Bedingungen dafür, dass sie geglückt oder gescheitert sind?
  • Wie könnte man diese Erkenntnisse dazu nutzen, erfolgreiche Projekte zu starten?

Gerne können Sie ein aktuelles Projekt mitbringen, vorstellen und die Kraft des gemeinsamen Denkens nutzen, um ihm Schubkraft zu verleihen. Oder Sie können sich inspirieren lassen und Ihre Energie einbringen, um andere Projekte zu gestalten.

Wir freuen uns darauf, Sie am 6.1.2024 von 9.30 bis 12.00 im Pfarrheim Lochau begrüßen zu dürfen. Gemeinsam können wir die Welt zu einem friedlicheren Ort machen.

Anmeldung: office@praxis-am-see.at

Literatur:

Gemeinsam die Zukunft gestalten – ein Leitfaden für Transition Initiativen: Abrufdatum 4.1.24. https://www.transition-initiativen.org/sites/default/files/inlineimages/Transition_leitfaden_deutsch.pdf

Dion, Cyril, et al. Tomorrow : die Welt ist voller Lösungen. 1. Auflage, 2017.

Hopkins, Rob, et al. Stell dir vor … : mit Mut und Fantasie die Welt verändern. 1. Auflage, 2021.

Hopkins, Rob, and Gerd Wessling. Einfach. Jetzt. Machen! : wie wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen. Deutsche Erstausgabe, 2014.