Wir schreiben Geschichte #29: Elisabeth

Elisabeth, 39 Jahre alt, Kindergärtnerin, ausgewandert und nun wohnhaft in Kroatien.

1. Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass da etwas auf uns zukommt, das uns alle betrifft?

Als sich die Medienberichte (ORF) verdichteten, dass eine ansteckende Viruserkrankung, auf die die Chinesen sehr restriktiv reagierten und die von der WHO genau beobachtet wird, sich nach Europa ausbreitet und wie dann die Behörden die Meldung herausgaben, dass es auch in Österreich zwei erste „Fälle“ gäbe, die sofort unter Quarantäne gestellt wurden und wo man ein Contact Tracing vornahm.

2. Was war für Sie in dieser Zeit am schlimmsten?

Am Anfang war am schlimmsten, dass man so genau mitverfolgen konnte, wie sich der Virus ausbreitet. Die Gesellschaft, die Behörden, alle versuchten das bestmögliche, die Lage unter Kontrolle zu bringen, aber das war eine Dynamik, die zu schnell zu groß geworden war. Und letztlich wusste keiner so richtig, was wirklich zu erwarten war, wie man sich erfolgreich schützen kann, ohne total starke Einschränkungen im Alltag zu haben. Covid-19 war die große Unbekannte, die – so wurde dann klar – niemanden auslassen würde, es war nur eine Frage der Zeit, bis sie dich erwischt. Wie würde sich Covid-19 bei mir, wie bei den Kindern auswirken? Wann erwischt es uns? Wie können wir uns dann versorgen? Wer wird sich um uns kümmern? Wie halten wir eine Quarantäne aus? Später dann war das Schlimme für mich die Erschütterung, dass nichts mehr, worauf ich mich bisher selbstverständlich verlassen hatte, glaubwürdig und verlässlich schien: Objektive Berichterstattung in ORF, ARD, ZDF, BBC uvm. war plötzlich eine einzige manipulative Geschichtenerzählung, die Politiker waren korrupt und logen, statt sich um das Wohlergehen der Menschen zu kümmern, Ärzte waren verbohrt und hatten ihren Hippokratischen Eid vergessen, Richter ignorierten das Gesetz, Polizisten prügelten Demonstranten, Verordnungen und Maßnahmen waren rechtswidrig, willkürlich und erniedrigend, die Lebensmittelversorgung, Energieversorgung u. dgl. waren ständig von Ausfällen und totalem Zusammenbruch bedroht. Beziehungen zwischen Freunden, Nachbarn, Bekannten, verschiedene Gemeinschaften fielen auseinander. Man konnte sich nicht mehr normal unterhalten. Es war eine „Spaltung“ stark spürbar. Dieser enorme Vertrauensverlust, der Glaubensverlust, die Frage, ob man seinem Verstand noch trauen kann, war ein nachhaltiger Schock gewesen und seine Konsequenzen sind für mich immer noch spürbar und beeinflussen mein Leben.

3. Gibt es auch etwas, von dem Sie im Nachhinein sagen würden, da ist etwas Gutes passiert, das ohne diese Krise nicht möglich gewesen wäre?

Die Entschleunigung, die Reduktion auf Weniges, Wesentliches, die Entbehrung während der Lockdowns war ein eindrucksvolles Erlebnis. Das hat mich und viele, ich glaube die Gesellschaft als Ganzes, nachdenklich gemacht. Wie leben wir eigentlich? Muss das so sein? Die Erschütterung hat ein vertieftes großes Nachdenken ermöglicht. Ich bin mir dadurch in manchen Dingen klarer geworden, vielleicht auch radikaler. Mir ist bewusster geworden, welche Werte mir wirklich wichtig sind, wofür ich bereit bin, mich einzusetzen. Mir ist auch bewusster geworden, wie groß der soziale Druck ist, wenn man nicht mit dem Strom schwimmt.

4. Was war für Sie besonders hilfreich, um gut durch die Krise zu kommen?

Der verlässliche Rückhalt der Familie, dass es Menschen gab, mit denen man sich weiterhin auf dem gleichen „Werte-Teppich“ bewegte, auch wenn es wenige waren. Aber die halfen, dass ich nicht ernsthaft an meinem Verstand (ver-)zweifeln musste. Geholfen haben auch bodenständige Tipps von Ärzten, wie man gut durch eine Covid-19 Erkrankung kommen kann, was man tun kann, dass man was tun kann! Geholfen haben in dem ganzen Maßnahmendschungel solche Regelungen, die lang genug blieben, um sich an sie zu gewöhnen und sie in den Alltag integrieren zu können, z.B. dass es fixe Tage in der Woche gab, wo man sich von der Arbeit und von der Schule aus PCR-testen (Gurgeltest für Zuhause mit Handycamera, Abgabemöglichkeit in der Tankstelle in der Nachbarschaft) musste.

5.  Stellen Sie sich vor, mitten in dieser schwierigen Zeit wäre eine gute Fee dagewesen, die Ihnen einen Herzenswunsch erfüllt hätte. Was hätten Sie sich gewünscht?

Dass die Spaltung verschwindet und die Verständigung wieder möglich ist, zumindest Toleranz der anderen Haltungen.

6. Gab es etwas, das Sie wütend gemacht hat?

Die einseitige Berichterstattung in den Leitmedien, die für mich so offensichtlich und penetrant ein bestimmtes Narrativ von der verrückten Realität verkauft hat, dass ich mir vorkam, als würden wir alle für dumm verkauft werden. Da war, außer Wetter und Verkehr, nichts mehr objektiv, nichts mehr glaubenswürdig. Ich war auch empört, wie die „Moral von der Geschichte“ weltweit im quasi gleichen Modus ihren Niederschlag fand. Wie können Wissenschaftler, Ärzte, Lehrer weltweit plötzlich vergessen, was ihr Berufsethos ist, dass sie den schützen müssen, der sich ihnen anvertraut, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen handeln müssen.

7. Gab es etwas, von dem Sie sagen würden, das war eine Schande oder dafür muss man sich schämen?

Wie wir als Gesellschaft mit denjenigen umgegangen sind, die besonderem Schutz bedürfen: Alte, kranke Menschen, Menschen mit Behinderung, Kinder, Tiere… was da an Tragödien passiert ist wegen panischer Schutz-Maßnahmen, Reglementierungen ohne Maß und Verhältnis, dass wir das als Gesellschaft und Gemeinschaft zugelassen haben, dafür schäme ich mich. Ich hätte meine Haltung gerne noch klarer zum Aussruck gebracht, anstatt so viele Kompromisse einzugehen.

8. Viele Leute berichten, dass es für sie auch eine Zeit voller Angst gewesen ist. Wie war das bei Ihnen? Und wie sind sie damit umgegangen?

Nein, Angst hatte ich nicht konkret. Aber die seelische Erschütterung, die tiefgreifende Verunsicherung hat mich meiner Welt entfremdet und diese Wunde heilt langsam. Ich fasse langsam erst wieder Vertrauen, aber die Pandemiezeit ist noch immer eine schmerzvolle, schwer zu integrierende Erinnerung. Die Verunsicherung war manchmal so stark, dass ich mich sehr alleine gefühlt habe. Und das Gefühl, ziemlich alleine zu sein mit meiner Auffassung der Dinge war wiederum sehr verunsichernd.

9. Gibt es Personen, mit denen Sie sich entzweit haben? Wie sind Sie damit umgegangen?

Ja, sehr viele. Ich habe das Gespräch gesucht, bin aber immer wieder gescheitert. Da war ein unüberwindbarer Graben. Das hat sehr weh getan. Ich verstehe bis heute nicht wirklich, was da passiert ist. Die zerrütteten Beziehungen heilen nur in einzelnen Fällen und das auch nur langsam. Das Pandemie-Thema und Themen, die sich daran anfügten, sind meistens noch „Minenfelder“.

10. Gibt es Personen, die Sie während der Krise aufgrund ihres Verhaltens bewundert haben oder die sich Ihre Achtung verdient haben?

Ja, sowohl Menschen, die in der (alternativ-medialen) Öffentlichkeit stehen und durch die vergangenen 3 Jahre hindurch eine humane, vernünftige, engagierte und optimistische Haltung bewahrt und kommuniziert haben, als auch solche im Bekanntenkreis. Auch Menschen, die offen und ehrlich über ihre Gefühle und Unsicherheiten gesprochen haben, anstatt ein Narrativ nachzuplappern und einem aufzudrängen, habe ich bewundert. Da waren die seltenen Möglichkeiten gegeben, doch Brücken über den Spalt zu bauen.

11. Inwiefern hat Sie diese Krise geprägt? Gab es Talente oder Fähigkeiten, die Sie hervorholen oder entwickeln mussten?

Ich bin mir meiner Werte bewusster geworden. Mir ist klarer geworden, welche wichtige Rolle meine gute Kindheit für meinen Weg durch die große gesellschaftliche und auch die persönlich-biografische Krise gespielt hat. Das stärkere Bewusstsein ist meine Errungenschaft, es ist aber nicht selbstverständlich gegeben jetzt und immer weiter, denn Gewohnheiten machen die Wachsamkeit wieder träger.

12. Stellen Sie sich vor, eines Tages hätten Sie die Gelegenheit, einer Schulklasse, die zu dieser Zeit noch nicht auf der Welt war, von Ihren Erlebnissen zu erzählen. Gibt es so etwas wie eine Lehre oder einen Tipp, den Sie den Kindern mitgeben könnten?

Humane/Humanistische Werte, lebendige Demokratie, die Freiheit und Würde des Individuums sind niemals selbstverständlich. Sie müssen immer wieder errungen werden, denn sie können immer wieder verwässern und versanden.

13. Wenn Sie einen Blick in die Zukunft tun könnten, was denken Sie aus heutiger Sicht, wie könnte unsere Welt in einigen Jahren aussehen?

Ich befürchte, sie wird in Aufruhr sein. Überwachungstechnologien werden sich eingeschlichen haben und die Menschen werden sich großteils daran gewöhnen. Zugleich wird es eine wachsende Minderheit geben an Menschen, die noch stärker Fragen stellen, neue Lebensmodelle fordern und umsetzen.

14. Möchten Sie noch etwas erzählen, nach dem nicht gefragt wurde?

Mich würde sehr interessieren, wie man die sog. Covid-Impfung in der Zukunft bewerten wird. Ich befürchte, dass da ein großes Verbrechen im Gange ist, dass sehr viele Menschen durch die Injektionen geschädigt worden sind. Wenn sich das bewahrheitet, dann ist das eine sehr beängstigende Entwicklung und ich hätte niemals für möglich gehalten, dass einige Menschen andere Menschen einem solch gigantischen – nämlich weltweiten – Maß gefährden und dass wir als Gesellschaft so sehr verführt werden können.